Moin!
Am Montag, dem 27. Mai, überraschte Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit einem Interview zur aktuell dramatischen Entwicklung bei der Pflegebedürftigkeit in Deutschland. Die Aussagen in diesem Interview schlugen Wellen, und die Medienwelt bis hin zur Tagesschau stürzte sich teilweise recht unreflektiert auf die Kernbotschaft, dass nun „ganz plötzlich eine dramatische Entwicklung“ eingetreten sei.
Zitat von Karl Lauterbach aus dem Interview:
„Es gibt zunächst einmal ein akutes Problem in der Pflegeversicherung. In den letzten Jahren ist die Zahl der Pflegebedürftigen geradezu explosionsartig gestiegen. Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000. Eine so starke Zunahme in so kurzer Zeit muss uns zu denken geben. Woran das liegt, verstehen wir noch nicht genau.“
Die starke Verwunderung über das Wachstum der Anzahl der Pflegebedürftigen irritiert: 2023 ein Plus von 7,4 % vs. 5,8 % im Jahr 2022. Die Trendlinie hat doch keinen sichtbaren Ausschlag bekommen? Explosionsartiges Wachstum?
Gut, ich hätte auch eher mit einem Wert um das Vorjahresniveau von 5 bis 6 % gerechnet, aber die im rnd-Interview von Herrn Lauterbach erwartete Reduktion auf nur 50.000?
Wie begründet sich eine solche Wachstumsprognose von lediglich 1 %?
Wie auch immer, die Pflegehütte brennt lichterloh. Die Flammen und der toxische Rauch sind nur bislang nicht so richtig auf breiter Basis wahrnehmbar. 🔥 Es schmerzt an verantwortlicher Stelle noch nicht wirklich.
Zusammen mit den circa 250.000 privat versicherten Pflegebedürftigen wurden 2023 circa 5,5 Millionen Menschen in Deutschland mehr oder weniger pflegerisch intensiv versorgt. 2022 gesamt ca. 5,2 Mio.
Im Jahr 2024 werden es bei einer Trendfortschreibung bis Jahresende circa 5,7 bis 5,8 Mio. sein.
Und bereits fünf Jahre vor dem Eintritt der prognostizierten Worst-Case-Szenarien werden wir dann vermutlich schon 2025 die 6-Millionen-Grenze erreicht haben.
6 Mio. im Jahr 2025! Nicht 2030! 😲
Ohne eine substanzielle und umfassende Integration der Sorgenden und Pflegenden Angehörigen in das Pflegesystem Deutschland 2030, wie es im SEA-Konzept der „Sorgenden Ersatz Angehörigen“ aufgezeigt ist, fahren wir „die Pflege“ mehrgleisig an die Wand.
Eine Gesellschaft, die Jahr für Jahr ca. 600.000 Menschen mit teilweise jahrzehntelanger Pflege- und Betreuungserfahrung ohne jegliche Anerkennung vor die Tür setzt, sollte irgendwann einmal zur Besinnung kommen.
Welch unglaubliche Vernichtung händeringend benötigter Ressourcen durch Missachtung. Wir dürfen uns das nicht länger leisten.
Kombiniert mit anderen smarten Reformkonzepten, wie z. B. Care Share 13, sollte spätestens Anfang der nächsten Legislaturperiode „die Pflege“ mit SEA komplett neu gedacht und implementiert werden.
Ja, das wird kosten.
Hendrik Dohmeyer
Hier die Links:
https://pflege-dschungel.de/barmer-pflegereport-2021/ (Eckpunkte des SEA-Konzeptes im unteren Teil des Beitrages)
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Dann teilen Sie ihn gerne jetzt mit Ihren Freunden.
0 Kommentare