Seit Ende April liegt die aktuelle Jahresauswertung zur sozialen Pflegeversicherung 2024 vor – veröffentlicht vom GKV-Spitzenverband in kompakter Form. Für alle, die sich mit der Realität von Pflege in Deutschland auseinandersetzen, sind diese Daten ein wichtiger Bezugspunkt. Sie zeigen, wo wir stehen – und wo wir dringend handeln müssen.
Wie jedes Jahr habe ich die zentralen Entwicklungen analysiert und in der aktualisierten Infografik „Pflege in Deutschland 2024“ kompakt zusammengefasst. Wer sie für Präsentationen, Webseiten oder Vorträge nutzen möchte – gerne einfach per Rechtsklick herunterladen und verwenden.
Über 6 Millionen Menschen mit Pflegebedarf – und die Dynamik kommt erst noch.
👉 Wer jetzt nur verwaltet, verpasst die Chance zu gestalten.
Dabei nutze ich bewusst sowohl die Daten der gesetzlichen als auch der privaten Pflegeversicherung. Denn nur durch die Kombination beider Bereiche lässt sich der tatsächliche Ressourcenbedarf – ob in der ambulanten oder stationären Versorgung – realistisch einschätzen.
Genau diese umfassende Betrachtung ist auch für die anstehenden Expertenrunden zur Vorbereitung der Großen Pflegereform 2025 von entscheidender Bedeutung. Ich hoffe, dass diese Perspektive dort ebenfalls mitgedacht wird.
Denn am Ende ist es den Pflegenden – ob professionell oder Angehörige – relativ egal, wer sie bezahlt oder im Fall der pflegenden Angehörigen eben nicht bezahlt: Die Arbeit muss getan werden, und Menschen, die helfen können, müssen verfügbar und einsatzbereit sein. Die Statistik liefert dafür eine wichtige Grundlage – aber die Praxis entscheidet sich im Alltag, nicht in Paragrafen.
Die Infografik kombiniert die offiziellen Strukturdaten der sozialen Pflegeversicherung mit den hochgerechneten Zahlen zur privaten Pflegeversicherung (PPV), deren finale Werte traditionell erst in der zweiten Jahreshälfte veröffentlicht werden. Für die PPV werden wie gewohnt die Wachstumskennzahlen von +9,1 % für ambulante und +0,9 % für stationäre Versorgung angesetzt.
Hier sind meine zehn wichtigsten Erkenntnisse aus der Pflegestatistik 2024:
- 6,01 Millionen Menschen mit Pflegebedarf – Schallmauer deutlich durchbrochen
Die Gesamtzahl der Menschen mit Pflegebedarf ist auf über 6,01 Millionen gestiegen – rund 432.000 mehr als im Vorjahr. Die symbolische 6-Millionen-Grenze wurde damit deutlich früher überschritten als ursprünglich prognostiziert. - Ambulante Pflege bleibt dynamischster Wachstumsbereich
Die ambulante Versorgung wächst weiterhin am stärksten: +9,1 % gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil der ambulant versorgten Menschen liegt nun mit 5,1 Mio. bei rund 85,2 % – ein historischer Höchstwert. - Stationäre Pflege stagniert strukturell, kostet aber immer mehr
Die Zahl der stationär versorgten Menschen mit Pflegebedarf steigt leicht (+0,9 %) auf über 910.000. Der stationäre Bereich bleibt also stabil – aber finanziell immer belastender. - Pflegegrad 1 mit überdurchschnittlichem Zuwachs
Der höchste Zuwachs zeigt sich erneut im Pflegegrad 1 mit einem Plus von über 10,3 %. Das unterstreicht die Bedeutung früher, präventiver Unterstützung und niederschwelliger Angebote. - Deutlich mehr Menschen erhalten Leistungen
Insgesamt wurden 2024 rund 432.000 Menschen mehr in den Leistungsbezug aufgenommen – ein Zuwachs von 7,8 % gegenüber dem Vorjahr. - Ambulante Ausgaben wachsen überproportional
Die Ausgaben für ambulante Leistungen der sozialen Pflegeversicherung stiegen um 13,7 % auf etwa 40,35 Milliarden Euro. Ein deutliches Signal für steigenden Versorgungsdruck. - Moderates Wachstum bei Pro-Kopf-Ausgaben ambulant
Trotz des starken Gesamtausgabenanstiegs liegt das Wachstum pro Person bei moderaten 4,6 % bzw. rund 367 Euro. Das weist auf eine stabilisierende Versorgungsintensität hin. -
Entlastungsleistungen gewinnen an Bedeutung
Ein Großteil des Ausgabenwachstums geht auf die verstärkte Nutzung von Entlastungsleistungen zurück – ihre Bedeutung und der Bedarf danach wächst stetig. -
Stationäre Versorgung – deutlicher Ausgabensprung
Die Ausgaben in der stationären Versorgung stiegen um 2,02 Milliarden Euro (+10,1 %) auf rund 22,02 Milliarden Euro. Treiber ist insbesondere die Entlastung bei den Eigenanteilen -
Pro-Kopf-Ausgaben stationär bei fast 26.000 Euro
Trotz kaum steigender Personenzahlen klettern die Pro-Kopf-Ausgaben in stationären Einrichtungen auf 25.887 Euro – ein Plus von über 2.100 Euro (+91 %) innerhalb eines Jahres
Die Pflegestatistik 2024 macht erneut deutlich: Die Pflegeversicherung in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen – sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Versorgungssicherheit. Der Trend zur ambulanten Versorgung setzt sich ungebrochen fort. Menschen mit Pflegebedarf wünschen sich wohnortnahe, flexible und verlässliche Unterstützung – und viele Angehörige stemmen diese Aufgabe mit beispiellosem Engagement.
Doch Engagement allein reicht nicht aus. Die Zahlen zeigen, dass es politischer Weichenstellungen bedarf: für mehr Personal, bessere Rahmenbedingungen und eine tragfähige Finanzierung – vor allem im Hinblick auf die anstehende Große Pflegereform 2025. Die Zeit drängt.
Nachfolgend noch eine tabellarische Übersicht mit der historischen Entwicklung der Pflegestatistik seit 1995.
Zahl der Leistungsbeziehenden der sozialen Pflegeversicherung am Jahresende
1 separate Erfassung ab 2019; vorher stationär oder ambulant zugeordnet Quelle: Geschäftsstatistik der Pflegekassen
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Dann teilen Sie ihn gerne jetzt mit Ihren Freunden.
0 Kommentare