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Die Videobegutachtung wird in Deutschland zu einer wichtigen Methode, um die Feststellung von Pflegebedürftigkeit flexibler und effizienter zu gestalten. Neben den bisherigen Methoden wie persönlichen Hausbesuchen und strukturierten Telefoninterviews wird nun auch die Videotelefonie für Pflegebegutachtungen eingeführt. Diese Neuerung soll helfen, den steigenden Bedarf an Begutachtungen zu decken und gleichzeitig eine qualitativ hochwertige sowie zeitnahe Begutachtung sicherzustellen.
Seit Juli 2022 wird die Videokommunikation bereits in der Pflegeberatung genutzt. Jeder zweite Beratungseinsatz nach § 37 Absatz 3 SGB XI kann seitdem per Videokonferenz erfolgen. Im Gegensatz zur jetzt dauerhaft vorgesehenen Begutachtung per Videokonferenz ist die Regelung für den Beratungseinsatz vorerst bis zum 31. März 2027 zeitlich begrenzt.
Ihren Beratungseinsatz per Videokonferenz können Sie hier buchen.
Neue Möglichkeiten durch Videobegutachtung
Bis vor ein paar Wochen waren Pflegebegutachtungen ausschließlich als Hausbesuch oder strukturiertes Telefoninterview möglich. Diese Beschränkung wurde nun aufgehoben, und die Videobegutachtung steht als Alternative zur Verfügung. Diese Änderung wurde am 25. September 2024 durch den Medizinischen Dienst Bund bekannt gegeben. Grundlage hierfür ist das im Frühjahr erlassene Digital-Gesetz, das die Digitalisierung des Gesundheitswesens fördern soll.
Die genauen Voraussetzungen und Einsatzmöglichkeiten der Videobegutachtung sind in den aktualisierten Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund geregelt, die am 26. September 2024 in Kraft traten.
Einsatzbereiche der Videobegutachtung
Die Videobegutachtung kommt in allen Fällen infrage, in denen auch ein strukturiertes Telefoninterview möglich ist, insbesondere bei Höherstufungsanträgen und Wiederholungsbegutachtungen. Carola Engler, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, bezeichnete die Videotelefonie als wichtigen Schritt, um eine zeitnahe Begutachtung sicherzustellen und den Zugang zu Pflegeleistungen zu erleichtern.
Vorteile der Videobegutachtung
Durch die Videobegutachtung entfallen lange Anfahrtswege, was den Medizinischen Diensten eine effizientere Einteilung ihrer Gutachterinnen und Gutachter ermöglicht. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der steigenden Nachfrage nach Begutachtungen – von 1,8 Millionen Fällen im Jahr 2017 auf 2,88 Millionen im Jahr 2023 – ist dies ein großer Vorteil. Die Videobegutachtung trägt dazu bei, den steigenden Bedarf zu decken und die Qualität der Begutachtungen zu gewährleisten.
Forschung zur Videobegutachtung: Ein Projekt bis 2026
Ein Projekt, das vom GKV-Spitzenverband finanziert wird, untersucht derzeit die Voraussetzungen für die Einführung der Videobegutachtung. Es läuft in Zusammenarbeit mit elf Medizinischen Diensten und der Universität Bremen. Ziel ist es, die Ergebnisse der Videobegutachtung mit denen einer persönlichen Begutachtung zu vergleichen sowie die Praktikabilität und Akzeptanz zu prüfen. Das Projekt startete im April 2024 und läuft bis März 2026.
Hier finden Sie die GKV-Projektinformationen.
Herausforderungen und Fazit
Die Einführung der Videobegutachtung bietet Flexibilität und Zeitersparnis, insbesondere in ländlichen Regionen. Dennoch gibt es Herausforderungen, wie die technischen Anforderungen an Geräte und Internetzugang. Nicht jede pflegebedürftige Person kann eine Videokonferenz durchführen. Daher bleibt die Videobegutachtung vorerst eine ergänzende Option neben Hausbesuchen und Telefoninterviews.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran, und die Videobegutachtung ist ein wichtiger Schritt hin zu einer modernen und effizienten Pflegebegutachtung. Das aktuelle Forschungsprojekt wird weitere Erkenntnisse zur optimalen Umsetzung liefern.
Entscheidungskriterien für eine Begutachtung mit strukturiertem Telefoninterview oder Videotelefonie
Eine Begutachtung mit strukturiertem Telefoninterview oder Videotelefonie kann nur unter folgenden Voraussetzungen erfolgen:
- Höherstufungs- und Wiederholungsbegutachtungen ab dem 14. Lebensjahr
- Die Gutachter bewerten, ob die Begutachtung mit Telefoninterview oder Videotelefonie aus fachlicher Sicht geeignet ist.
- Kritische Fälle sind z. B.:
- Alleinlebende Personen mit dementiellen Erkrankungen oder erheblichen kognitiven Beeinträchtigungen
- Alleinlebende Personen mit psychischen Erkrankungen, wenn ein Hausbesuch keine unzumutbare Belastung darstellt
- Personen mit seltenen chronischen Erkrankungen
- Die Begutachtung ist nur möglich, wenn eine Unterstützungsperson anwesend ist, insbesondere bei:
- Personen mit kognitiven oder kommunikativen Beeinträchtigungen
- Personen mit psychischen Problemen
- Schwierigkeiten bei der sprachlichen Verständigung
- Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren
Eine Begutachtung durch Telefoninterview oder Videotelefonie ist ausgeschlossen, wenn:
- Es sich um eine erstmalige Untersuchung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit handelt.
- Es sich um eine Untersuchung nach Widerspruch gegen den festgestellten Pflegegrad handelt.
- Die pflegebedürftige Person unter 14 Jahre alt ist.
- Das vorherige Gutachten ergeben hat, dass keine Pflegebedürftigkeit vorliegt.
- Das Vorgutachten älter als 36 Monate ist.
- Aus fachlicher Sicht diese Begutachtungsart ungeeignet ist oder eine notwendige Unterstützungsperson fehlt.
- Die antragstellende Person die Begutachtungsart ablehnt.
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