Bitte mehr Mensch pro DiPA!

Mehr Mensch pro DiPA

Ein Plädoyer für mehr hybride Konzepte* bei der Entwicklung digitaler Pflegeanwendungen für Pflegeempfänger/innen und ihre Angehörigen.

* Hybride Konzepte kennen wir aus der Autowelt. Entweder wird mit Verbrenner oder Elektromotor oder einer Kombination gefahren. Hybride Konzepte bei den Digitalen Pflegeanwendungen meint Angebote, deren Nutzung sowohl vollkommen eigenständig erlernt (integrierte Text- oder Videohilfen) und bedient werden können, wenn die Fähigkeiten und der Grad der Selbständigkeit dieses ermöglichen. Ist dies jedoch so nicht möglich (z.B. höhere Pflegegrad), oder aufgrund einer zusätzlichen Belastungssituation nicht erwünscht, können menschliche Ressourcen beim Umgang helfen und Prozesse auch kontinuierlich begleitend unterstützen. Der Nutzen der DiPA ergibt sich aus dem Ergebnis, nicht aus dem Weg dorthin. Ohne eine solche hybride Unterstützung ist die DiPA effizienter (kostengünstige, maximale Skalierbarkeit), mit Unterstützung aber effektiver, da sie mehr Pflegeempfänger und ihrer Angehörigen erreichen kann.

Die neuen Digitalen Pflegeanwendungen DiPA kommen 2022

Für Sorgende und Pflegende Angehörige (SPA) und ihre Familien wird die gesetzliche Ausgestaltung der „Ergänzenden Unterstützungsleistungen“ besonders wichtig.

Über 80 % der Menschen mit Pflegebedarf werden in ihrer vertrauten Umgebung umsorgt und gepflegt. Das Thema Digitalisierung der Pflege ist hier noch nicht wirklich angekommen.

Jetzt möchte das Bundesgesundheitsministerium mit großen Schritten diese Situation ändern. Mit dem Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) sind auch für die Häusliche Pflege die Weichen gestellt.

So kann die Pflegeberatung zukünftig auf Wunsch einer anspruchsberechtigten Person durch barrierefreie digitale Angebote der Pflegekassen ergänzt werden und mittels barrierefreier digitaler Anwendungen erfolgen. Bis zum 31. Dezember 2021 soll der GKV hierfür Konzepte vorlegen.

Mehr Breitenwirkung soll aber die Einführung der neuen Digitalen Pflegeanwendungen DiPA haben.

Wer sich noch nicht näher mit diesem Thema beschäftigt hat, sollte meinen Blog-Beitrag https://pflege-dschungel.de/dipa-digitale-pflegeanwendungen/ lesen.

Pflege ist eine zutiefst menschliche Tätigkeit.
Die Intensität und die Qualität des zwischenmenschlichen Kontaktes sind für alle Pflegenden und Pflegeempfänger gleichermaßen eine wichtige Kraftquelle.

Dies gilt für die Professionelle Pflege wie für die Angehörigenpflege.

Durch die Digitalisierung der Pflege muss hierfür primär Nutzen durch mehr zeitlichen Freiraum gestiftet werden.

DiPA Rechtsverordnung

Im Spätsommer werden in Berlin die Weichen für die Ausgestaltung der Richtlinien und Verordnungen zur DiPA gestellt. Ob diese dann in diesem Jahr noch zur Anwendung kommen, ist zumindest nach Aussage des Tagesspiegels nicht sicher. Eine offizielle Bestätigung seitens des BMG liegt jedoch hierzu nicht vor.

Die DiPA Rechtsverordnung wird alle Rahmenbedingungen enthalten, mit denen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) später die Anträge der DiPA-Hersteller prüfen wird (für Details bitte die „6 Themenfelder …“ aufklappen).
Wenn diese Auflagen und Anforderungen bestätigt werden, wird die DiPA ins offizielle DiPA Verzeichnis aufgenommen.

Das BfArM entscheidet aber nicht nur über die generelle Aufnahme der Digitalen Pflegeanwendungen, sondern auch über Art und Umfang der neuen „ergänzenden Unterstützungsleistungen“.

Die „Erforderlichkeit“ wird individuell je DiPA ermittelt und erst dann ist ein Anspruch nach dem neuen § 39a SGB XI möglich.

Vielleicht ist es für den Entwicklungsprozess der DiPA-Rechtsverordnung noch nicht zu spät, um mit relevanten Impulsen für eine zielführende Umsetzung zu inspirieren.

Dabei geht es um folgende Aspekte:

  1. Für wen werden die DiPA entwickelt?
  2. Warum ist die Unterstützung ein erfolgsentscheidendes Kriterium?
  3. Wer soll wie die Nutzer/innen unterstützen?
  4. Kann die finanzielle Unterstützung optimaler gestaltet werden?
DiPA Richtlinien BMG

Im BMG wird an den Richtlinien und der Rechtsverordnung für die Aufnahme der DiPA beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gearbeitet.

6 Themenfelder der Rechtsverordnung
  1. den Inhalten des Verzeichnisses, dessen Veröffentlichung, der Interoperabilität des elektronischen Verzeichnisses mit elektronischen Transparenzportalen Dritter und der Nutzung der Inhalte des Verzeichnisses durch Dritte,
  2. den Anforderungen an die Sicherheit, Funktionstauglichkeit und Qualität einschließlich der Anforderungen an die Interoperabilität, der Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit und dem pflegerischen Nutzen,
  3. den anzeigepflichtigen Veränderungen der digitalen Pflegeanwendung einschließlich deren Dokumentation,
  4. den Einzelheiten des Antrags- und Anzeigeverfahrens sowie des Formularwesens beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte,
  5. dem Schiedsverfahren nach Absatz 1 Satz 3, insbesondere der Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3, der Erstattung der baren Auslagen und der Entschädigung für den Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3, dem Verfahren, dem Teilnahmerecht des Bundesministeriums für Gesundheit, sowie der Vertreter der Organisationen, die für die Wahrnehmung der Interessen der Pflegebedürftigen maßgeblich sind, an den Sitzungen der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3 sowie der Verteilung der Kosten,
  6. den Gebühren und Gebührensätzen für die von den Herstellern zu tragenden Kosten und Auslagen.

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DiPA – für wen bestimmt?

Als Einstieg in die Thematik sei vorab eine wichtige Frage erlaubt: Für wenn sollen die ganzen digitalen Pflegeanwendungen eigentlich entwickelt werden?

Klar, für die Pflegebedürftigen. Das sind definitiv die Anspruchsberechtigten des SGB XI.

Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Anwendungen, die wesentlich auf digitalen Technologien beruhen und von den Pflegebedürftigen oder in der Interaktion von Pflegebedürftigen, Angehörigen und zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtungen genutzt werden, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen zu mindern und einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken,…“ (Zitat aus § 40a SGB XI)

Die Grafik zur Demografie der Pflegeempfänger zeigt einen ersten starken Ausschlag bei den Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren. Bis zur Altersgruppe unter 45 verläuft die Kurve dann sehr flach.  Bei diesen Digital Natives kann von einer hohen Affinität für digitale Unterstützung ausgegangen werden.

Der erste Eindruck zu den Nutzerinnen und Nutzern unseres COCKPITS zeigt, dass unter ihnen auch direkt betroffene Pflegeempfänger sind, diese jedoch das Rentenalter noch nicht erreicht haben.

Aber die Herausforderung ist ja, ob die überwiegende Mehrheit der Pflegeempfänger 2022 wirklich schon die adressierte Zielgruppe ist, die sich locker und eigenständig die neueste DiPA-App aus dem App Store herunterladen wird?

Über 80 % der Pflegebedürftigen waren lt. BMG im letzten Jahr über 60 Jahre alt. Laut aktuellem AOK-Pflegereport liegt das mittlere Alter bei 75 Jahren. Und, in dieser potenziellen Nutzergruppe befinden sich heute die meisten „OfflinerInnen“, wie die aktuelle Studie „D21 Digital-Index“ aufzeigt.

Eine weitere Problemverschärfung stellt natürlich der Umstand dar, dass der adressierte Nutzerkreis von den Gutachter*innen eine Pflegebedürftigkeit zwischen geringen, erheblichen bis hin zu schwersten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit je nach Pflegegrad attestiert bekommen haben.

Wenn schon für die eher gesunden und selbständigen Senioren ein umfangreiches Unterstützungsangebot zum Erlernen eines elementaren Basiswissens gefordert ist, dürften diese Anforderung nach pädagogischer Begleitung für die neuen Digitalen Pflegeanwendungen bei den Pflegebedürftigen noch deutlich höher liegen.

Siehe hierzu auch die Aussage des „Achter Altersberichtes“

Zwischenfazit:

Es geht darum, diejenigen Pflegeempfänger, die prinzipiell die zukünftigen DiPA kennenlernen und nutzen wollen, diese durch ausreichende Schulung und begleitende Unterstützung dazu zu befähigen.

DiPA und die Demografie der Pflegeempfänger

Der Demografische Wandel verschiebt in den kommenden 10 bis 15 Jahren die Welle mit der Baby-Boomer-Generation immer weiter nach rechts. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass diese Generation, auch berufsbedingt, eine deutlich höhere digital Affinität hat. Die Relevanz Digitaler Pflegeanwendungen wird stark steigen.

D21 Digital-Index 2020/21

D21 Digital Index 2021

Kluger Achte Altersbericht

Im Achten Altersbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird als Basis für die zu stärkende „Digitale Souveränität“ unserer Senior*innen gefordert, „mit lebensweltorientierten Unterstützungsangeboten sowohl elementares Bedienwissen als auch den Erwerb von Gestaltungs- und Orientierungswissen sicher(zu)stellen“.

Mehr und fundierter Wissensvermittlung Achter Altersbericht

Hier kann der Achte Altersbericht heruntergeladen werden.

Keine Frage: Die SPA werden die mehrheitlichen DiPA Verwender sein 

Auch wenn die Sorgenden und Pflegende Angehörigen (SPA) als Anspruchsberechtigte bisher nicht im offiziellen Gesetzestext aufgeführt werden, so richtet sich die Hoffnung alle Beteiligten wie selbstverständlich auf diesen Personenkreis. Sie sind zu über 90 % beim häuslichen Pflegeprozess beteiligt. Der Anteil der exklusiv durch den Ambulanten Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen liegt bei nur ca. 6%.

Aber auch bei den Hauptpflegepersonen liegt das Durchschnittsalter bereits bei über 61 Jahren und über 40 % der zumeist weiblichen Angehörigen sind über 60 Jahre alt.

Der Anteil von Digital Natives unter den SPA ist noch sehr gering, wenn auch die Gruppe der „Young Carer“ in Deutschland leider stark Richtung 500.000 wächst. Diese Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren pflegen Familienangehörige oder kranke und pflegebedürftige Mitmenschen im Bekanntenkreis und werden in den offiziellen Statistiken bisher kaum berücksichtigt. 

DiPA und die Demografie der Pflegenden Angehörigen

Eine erfolgreiche DiPA-Strategie des Bundesgesundheitsministeriums muss daher auch bei Berücksichtigung der SPA als Hauptnutzer*innen darauf achten, dass elementares Basiswissen im ausreichenden zeitlichen Umfang zu den Digitalen Pflegeanwendungen vermittelt wird.

Sowohl Pflegebedürftige als auch ihrer SPA haben sich die Pflegesituation nicht ausgesucht oder gewünscht. Für die Angehörigen ist die Sorge- und Pflegearbeit in der Regel eine zusätzliche Belastung, die bis hin zur weitestgehenden Aufgabe privater und beruflicher eigener Perspektiven führt.

Jede noch so gut gemeinte Digitale Pflegeanwendung stellt für sie erst einmal eine neue Herausforderung dar. Oft verbunden mit einer steilen Lernkurve.

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Ich kenne und schätze das Engagement von Hendrik seit vielen Jahren. Hier beim Pflege-Dschungel und bei uns im Verein.

Gemeinsam haben wir versucht, dass das versprochene Entlastungsbudget uns eine Vereinfachung im Umgang mit den vielen Budget-Töpfen der Pflegeversicherung bringt. Hoffen wir, dass die nächste Bundesregierung es endlich schafft.

Danke an das Team hier für Euer COCKPIT. Für den komplizierten Pflege-Dschungel habt Ihr uns damit eine tolle Erleichterung programmiert.

Das sollten viele Familien nutzen.

Kornelia Schmid

Pflegende Angehörige und Vorsitzende des Vereins, Pflegende Angehörige e.V.

Warum ist die Unterstützung ein erfolgsentscheidendes Kriterium?

Ob und in welchem Umfang ergänzenden Unterstützungsleistungen für die Nutzung der digitalen Pflegeanwendung erforderlich sind, entscheidet dann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner generellen Entscheidung zur Aufnahme der DiPA in sein Verzeichnis.

Mit Spannung darf die Umsetzung der Rechtsverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium erwartet werden. Die wesentlichen Passagen der Kabinettsvorlage sind übernommen und damit sollte auch die in der Begründung zum Gesetz aufgezeigte duale Zielsetzung der DiPA weiterhin Bestand haben:

Neben Anwendungen zur Organisation und Bewältigung des pflegerischen Alltags unterfallen dem neuen Leistungsanspruch auch Produkte, die zur Bewältigung besonderer pflegerischer Situationen, etwa im Bereich der Erhaltung der Mobilität oder bei Demenz, eingesetzt werden können.“ zitiert aus der Begründun zum § 40 a SGB XI.

Gerade für wiederkehrende organisatorische und administrative Aufgaben sollten hybride DiPA-Konzepte realisiert werden, um eine wirksame Entlastung für die Angehörigen zu schaffen.

Dafür sollten die Vorteile der Digitalisierung im Sinne von Transparenz, automatisierter Vernetzung, schlanker effizienter Kommunikation und Arbeitsentlastung mit der kontinuierlichen Unterstützung menschlicher Assistenzkräfte mit spezialisiertem Expertenwissen kombiniert werden.

So könnten insbesondere Pflegeberaterinnen und Pflegeberater aber auch geschulte DiPA-Assitentinnen und Assistenten den Familien bei Antragsfragen und Abrechnungen mit der Pflegekasse oder der Ersteinpflege und Updates bei der ePA über eine gemeinsam genutzte DiPA Plattform mit praktischen Umsetzungsleistungen assistieren.

Hilfe bei DiPA und ePA

Viele Pflegeempfänger und ihre SPA würden gern digitale Angebote nutzen, wenn sie initial und kontinuierlich ausreichend Unterstützung bekämen. Die zusätzliche Belastung mit einer DiPA sollte möglichst gering sein, um einen maximalen Nutzen für die Pflegesituation zu erzielen.

Wer soll wie die Nutzer/innen bei der DiPA unterstützen?

Als exklusive Leistungserbringer werden im § 39a SGB XI bisher die ambulanten Pflegedienste definiert.

Pflegebedürftige haben bei der Nutzung digitaler Pflegeanwendungen im Sinne des § 40a Anspruch auf ergänzende Unterstützungsleistungen, deren Erforderlichkeit das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 78a Absatz 5 Satz 6 festgestellt hat, durch nach diesem Buch zugelassene ambulante Pflegeeinrichtungen.

Die Aufgabenbeschreibung findet sich in der dazugehörigen Begründung:

„Die Unterstützungshandlungen durch ambulante Pflegedienste sollen den pflegerischen oder betreuerischen Nutzen der digitalen Pflegeanwendung für den Pflegebedürftigen sicherstellen. Die pflegerische Unterstützung kann im Einzelfall auch eine Erste Hilfe beim Einsatz der digitalen Pflegeanwendung umfassen …“ so gekürzt zitiert aus der Gesetzesbegründung.

Je nach Art und Umfang können die zukünftigen DiPA-Unterstützungsleistungen sicherlich von den Pflegeexpertinnen und Experten der ambulanten Pflegedienste durchgeführt werden, wie es im Gesetz bisher exklusiv vorgesehen ist. Bedenken sollten die Verantwortlichen jedoch, dass 

  • auch auf längere Sicht die freien Mitarbeiter-Kapazitäten bei den ambulanten Pflegediensten sehr begrenzt sind (Pflegenotstand schon heute akut),
  • sich der hohe Schulungsaufwand für eine Reihe neuer digitaler Pflegeanwendungen aufgrund des zumindest anfangs überschaubaren Zielgruppenpotenzials nicht lohnen wird und
  • die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes einer Pflegefachkraft für einen einmaligen Unterstützungsbesuch für ein Restbudget von z.B. 15 oder 20 Euro kaum rechnen dürften.
  • Darüber hinaus ist zu gewährleisten, dass die ca. Dreiviertel der Pflegebedürftigen, die zu Hause ohne Unterstützung eines Ambulanten Pflegedienstes die Pflege organisieren und bewerkstelligen, auch bei ihrer DiPA-Nutzung unterstützt werden müssen. Dies könnte z.B. über freie Pflegeberater*innen und/oder nach § 45a geschulte Assistent*innen erfolgen.

Wer sich für die Gesamtproblematik interessiert, sollte den aktuellen Artikel „DiPA – Fluch oder Segen“ der Häuslichen Pflege hierzu herunterladen. Das Verfahren zur Implementierung der individuellen Leistungs- und Vergütungsstrukturen in 16 Bundesländern wird vermutlich viel Zeit in Anspruch nehmen.  

Hilfe bei DiPA und ePA
Können die Pflegeexpertinnen und Pflegeexperten der Ambulanten Pflegedienste, die Rolle des omnikompetenten DiPA-Trainers wahrnehmen? Und macht diese exklusive Umsetzungsstrategie in Anbetracht der verschärften Personalknappheit überall Sinn? Oder sollte nicht besser ein offenes System die anzubietenden ergänzenden Unterstützungsleistungen auf eine breitere Basis stellen, bei dem auch die Kompetenz der Hersteller einfließen könnte?

Kann die Finanzierung der Unterstützungsleistungen optimaler gestaltet werden?

Für die monatlichen Kosten der DiPA Software und die eventuelle Inanspruchnahme von ergänzenden Unterstützungsleistungen stehen insgesamt 50 Euro zur Verfügung.

In der ursprünglichen Planung  des ersten Referentenentwurfs aus dem November 2020 waren dies jeweils 60 Euro, zusammen 120 Euro monatlich.

Wie die Abrechnung der Aufwendungen für die Software und für die Unterstützungsleistungen geregelt wird, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Und auch, ob nur eine DiPA oder zwei oder drei beantragt werden können, ist noch nicht exakt definiert.

Ein mögliches Szenario ist, dass bei der aktuellen Lösung mit den Ambulanten Pflegediensten folgende Schritte denkbar wären:

  1. Der Pflegeempfänger beantragt seine DiPA für einen ausgewiesen monatlichen Preis X.
  2. Ergänzend beantragt er die möglichen Unterstützungsleistungen, die vom örtlichen Ambulanten Pflegedienst im Rahmen der je nach Bundesland individuellen Vergütungsvereinbarungen nach § 75 SGB XI bepreist wurden.
  3. Wird das 50 Euro-Budget mehr als ausgeschöpft, kann die Differenz bei Sachleistungs- oder Kombinations-Kunden des Pflegedienstes über die Sachleistung abgerechnet werden.
  4. Ist dieses Budget ebenfalls ausgeschöpft oder handel es sich um Pflegegeld-Empfänger, muss die Differenz als Selbstkosten in Rechnung gestellt werden.

 

Jahres- statt Monatsbudget

Nach jetzt vorliegenden Informationen verfällt der Monatsbetrag, wenn er nicht oder nur teilweise in Anspruch genommen wurde. Es ist bisher noch kein „Anspar-Modus“, vergleichbar zum monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro, vorgesehen.

Aber gerade ein solches Konzept scheint sehr sinnvoll zu sein, um den monatlich unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen besser gerecht zu werden. Idealerweise sollte das DiPA-Budget als Jahresbudget zur Verfügung gestellt werden. Diese Budgetierung hat sich bei der Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege als sehr sinnvoll erweisen, um die unterschiedlichen zeitlichen Bedarfe zielgerichteter zu unterstützen.

Pflegeberatung und AUA integrieren

Da nach dem Willen von Jens Spahn und den teilweise umgesetzten Reformbestrebungen soll auf breiter Front die Digitalisierung auch bei den Leistungen der Pflegeberatung nach § 7a und § 45 Einzug halten. Dafür wäre eine die Leistungsarten übergreifende Konzeption der DiPA-Umsetzungsverordnung dringend anzuraten.

Das Bundesgesundheitsministerium sollte dann auch das  Angebot zur Unterstützung im Alltag (AUA) nach § 45a (monatlicher Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro) als eine gut geeignete Option konzeptionell integrieren. Auf Bundeslandebene müssten hierfür entsprechende DiPA-Assistenz-Konzepte unterstützt und genehmigt werden.

Hilfe bei DiPA und ePA
50 Euro monatlich oder besser 600 Euro Jahresbudget? Ergänzt um Verwendung des Entlastungsbetrages und/oder der Pflegeberatung. Der Start der Digitalisierung der häuslichen Pflege könnte vielfältig unterstützt werden.

Wer sich für die komplexen Regelungen zur Genehmigung und zur Vergütung von DiPA und Unterstützungsleistungen beschäftigen möchte, findet nachfolgend die gesetzlichen Rahmenbedingungen:

§ 78a Verträge über digitale Pflegeanwendungen und Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen, Verordnungsermächtigung
(1) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen vereinbart im Einvernehmen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe mit dem Hersteller einer digitalen Pflegeanwendung innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der digitalen Pflegeanwendung in das Verzeichnis nach Absatz 3 einen Vergütungsbetrag sowie technische und vertragliche Rahmenbedingungen für die Zurverfügungstellung der digitalen Pflegeanwendungen nach § 40a Absatz 4. Die Vereinbarungen gelten ab dem Zeitpunkt der Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen. Kommt innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Einigung zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach § 134 Absatz 3 des Fünften Buches mit der Maßgabe, dass an die Stelle der zwei Vertreter der Krankenkassen zwei Vertreter der Pflegekassen und an die Stelle der zwei Vertreter der Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen zwei Vertreter der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hersteller von digitalen Pflegeanwendungen auf Bundesebene treten. Der Hersteller übermittelt dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen zur Vorbereitung der Verhandlungen unverzüglich

  1. den Nachweis nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 und
  2. die Angaben zur Höhe des tatsächlichen Preises bei Abgabe an Selbstzahler und in anderen europäischen Ländern.

Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt nach Anhörung der Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie der maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hersteller von digitalen Pflegeanwendungen die Aufteilung des Leistungsanspruchs nach § 40b auf die ergänzende Unterstützungsleistung nach § 39a und die digitale Pflegeanwendung nach § 40a innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen fest.

(2) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen trifft im Einvernehmen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hersteller von digitalen Pflegeanwendungen auf Bundesebene eine Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe für die Vereinbarungen der Vergütungsbeträge sowie zu den Grundsätzen der technischen und vertraglichen Rahmenbedingungen für die Zurverfügungstellung der digitalen Pflegeanwendungen. Kommt innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach Absatz 6 eine Rahmenvereinbarung nicht zustande, setzen die unparteiischen Mitglieder der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3 innerhalb von drei Monaten die Rahmenvereinbarung im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen sowie den in Satz 1 genannten Verbänden auf Antrag einer Vertragspartei und im Einvernehmen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe fest.

(3) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt ein barrierefreies Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen. § 139e Absatz 1 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(4) Die Aufnahme in das Verzeichnis nach Absatz 3 erfolgt auf elektronischen Antrag des Herstellers einer digitalen Pflegeanwendung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Der Hersteller hat die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite bereitgestellten elektronischen Antragsformulare zu verwenden. Der Hersteller hat dem Antrag Nachweise darüber beizufügen, dass die digitale Pflegeanwendung

  1. die in der Rechtsverordnung nach Absatz 6 Nummer 2 geregelten Anforderungen an die Sicherheit, Funktionstauglichkeit und Qualität erfüllt,
  2. die Anforderungen an den Datenschutz erfüllt und die Datensicherheit nach dem Stand der Technik gewährleistet und
  3. im Sinne der Rechtsverordnung nach Absatz 6 Nummer 2 einen pflegerischen Nutzen aufweist.

Die Qualität einer digitalen Pflegeanwendung im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 bemisst sich insbesondere nach folgenden Kriterien:

  1. Barrierefreiheit,
  2. altersgerechte Nutzbarkeit,
  3. Robustheit,
  4. Verbraucherschutz,
  5. Qualität der pflegebezogenen Inhalte und
  6. Unterstützung der Pflegebedürftigen, Angehörigen und zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtungen bei der Nutzung der digitalen Pflegeanwendung.

Auch wenn die digitale Pflegeanwendung einen zusätzlichen pflegerischen Nutzen aufweist oder eine andere Funktionalität beinhaltet, die nicht in das Verzeichnis nach Absatz 3 aufgenommen wurde, darf der Hersteller für zusätzliche Funktionalitäten oder mehrfach zur Nutzung abgegebene digitale Pflegeanwendungen keine höheren als die nach Absatz 1 vereinbarten Vergütungsbeträge verlangen. Eine Differenzierung der Vergütungsbeträge nach Absatz 1 nach Kostenträgern ist nicht zulässig.

(5) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entscheidet über den Antrag des Herstellers innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen durch Bescheid. Legt der Hersteller unvollständige Antragsunterlagen vor, fordert ihn das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf, den Antrag innerhalb von einer Frist von drei Monaten zu ergänzen. Liegen nach Ablauf der Frist keine vollständigen Antragsunterlagen vor, ist der Antrag abzulehnen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berät die Hersteller digitaler Pflegeanwendungen zu den Antrags- und Anzeigeverfahren sowie zu den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Pflegeanwendung nach den §§ 40a und 40b zu Lasten der Pflegeversicherung erbracht werden kann. Im Übrigen gilt § 139e Absatz 6 bis 8 des Fünften Buches entsprechend. In seiner Entscheidung stellt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte fest, welche ergänzenden Unterstützungsleistungen für die Nutzung der digitalen Pflegeanwendung erforderlich sind, und informiert die Vertragsparteien nach § 75 Absatz 1, die an Rahmenverträgen über ambulante Pflege beteiligt sind, zeitgleich mit der Aufnahme der digitalen Pflegeanwendung in das Verzeichnis nach Absatz 3 hierüber.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zu regeln zu

  1. den Inhalten des Verzeichnisses, dessen Veröffentlichung, der Interoperabilität des elektronischen Verzeichnisses mit elektronischen Transparenzportalen Dritter und der Nutzung der Inhalte des Verzeichnisses durch Dritte,
  2. den Anforderungen an die Sicherheit, Funktionstauglichkeit und Qualität einschließlich der Anforderungen an die Interoperabilität, der Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit und dem pflegerischen Nutzen,
  3. den anzeigepflichtigen Veränderungen der digitalen Pflegeanwendung einschließlich deren Dokumentation,
  4. den Einzelheiten des Antrags- und Anzeigeverfahrens sowie des Formularwesens beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte,
  5. dem Schiedsverfahren nach Absatz 1 Satz 3, insbesondere der Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3, der Erstattung der baren Auslagen und der Entschädigung für den Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3, dem Verfahren, dem Teilnahmerecht des Bundesministeriums für Gesundheit, sowie der Vertreter der Organisationen, die für die Wahrnehmung der Interessen der Pflegebedürftigen maßgeblich sind, an den Sitzungen der Schiedsstelle nach Absatz 1 Satz 3 sowie der Verteilung der Kosten,
  6. den Gebühren und Gebührensätzen für die von den Herstellern zu tragenden Kosten und Auslagen.

(7) Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik legt im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und im Benehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit erstmals bis zum 31. Dezember 2021 und dann in der Regel jährlich die von digitalen Pflegeanwendungen nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 zu gewährleistenden Anforderungen an die Datensicherheit fest. 2 § 139e Absatz 10 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(8) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte legt im Einvernehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erstmals bis zum 31. März 2022 und dann in der Regel jährlich die Prüfkriterien für die von Herstellern einer digitalen Pflegeanwendung nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 nachzuweisende Erfüllung der Anforderungen an den Datenschutz fest. 2 § 139e Absatz 11 Satz 2 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(9) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Deutschen Bundestag jährlich, erstmals zum 1. Februar 2024, einen barrierefreien Bericht vor. Der Bericht enthält Informationen über die Inanspruchnahme der Leistungen nach den §§ 39a und 40a, insbesondere dazu, wie viele Pflegebedürftige der jeweiligen Pflegegrade Leistungen in Anspruch genommen haben und welche Mittel die Pflegekassen dafür verausgabt haben. Das Bundesministerium für Gesundheit kann weitere Inhalte des Berichts in der Verordnung nach Absatz 6 festlegen.

§ 78a Begründung
Zu § 78a
Entsprechend der Regelung des § 78 trifft die Regelung die erforderlichen Vorgaben für die Bestimmung der Vergütungsbeträge des Herstellers für digitale Pflegeanwendungen und legt die Grundlagen für die Errichtung des Verzeichnisses für digitale Pflegeanwendungen fest.

Absatz 1

Für digitale Pflegeanwendungen sind durch den Hersteller und den Spitzenverband Bund der Pflegekassen ein Vergütungsbetrag sowie technische und vertragliche Rahmenbedingungen für die Zurverfügungstellung der digitalen Pflegeanwendungen im Rahmen dieses Buches zu vereinbaren. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Bedarf an einer Nutzung der digitalen Anwendungen bei den Pflegebedürftigen durch körperliche und kognitive Veränderungen sehr schnell verändern kann und für die Pflegebedürftigen aus deren Verbrauchersicht die Möglichkeit bestehen muss, die für sie erforderlichen Leistungen sehr schnell anzupassen und ggf. im Rahmen eigener Sondernutzungs- bzw. -kündigungsrechte auch auf die weitere Nutzung der digitalen Anwendungen zu verzichten. Die Vereinbarungen gelten für alle Kostenträger einheitlich. Darüber hinaus sind Vereinbarungen dazu erforderlich, wie Pflegedienste, die Unterstützungsleistungen nach § 39a erbringen, oder andere Dritte in die Nutzung der digitalen Anwendungen einbezogen werden können, ohne dass ihnen dadurch gesonderte Kosten entstehen.

Die Verhandlungen beginnen unmittelbar nach Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen. Können sich die Vertragspartner nicht einigen, entscheidet die Schiedsstelle nach § 134 des Fünften Buches in der gemäß Satz 3 geänderten Zusammensetzung. Die Festlegung der Vergütungsbeträge erfolgt auf Grundlage des nachgewiesenen pflegerischen Nutzens im Sinne dieses Buches für den Pflegebedürftigen und von dem Hersteller beizubringender Angaben über Marktpreise der Anwendung.

Absatz 2
Ebenso wie bei den digitalen Gesundheitsanwendungen ist auch für den Bereich der digitalen Pflegeanwendungen eine Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe für die Vereinbarungen der Vergütungsbeträge sowie zusätzlich zu den Rahmenbedingungen der Zurverfügungstellung abzuschließen.

Absatz 3
Zur Herstellung von Transparenz mit Blick auf gute und sichere digitale Pflegeanwendungen errichtet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen und veröffentlicht dieses.

Absatz 4
Die Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen erfolgt auf Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Für den Antrag sind ausschließlich die elektronischen Antragsunterlagen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu verwenden. Die Aufnahme erfordert die Vorlage hinreichender Nachweise durch den Hersteller über die Erfüllung der maßgeblichen Anforderungen an digitale Pflegeanwendungen.

Hierunter fallen neben Angaben zu Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Datenschutz, Datensicherheit und dem Nachweis eines pflegerischen Nutzens im Sinne dieses Buches insbesondere die weitergehenden Anforderungen an die Qualität. Zu den nicht abschließend benannten Qualitätskriterien gehört neben der hinreichenden fachlichen Fundierung, der Barrierefreiheit und der Interoperabilität insbesondere die altersgerechte Nutzbarkeit der Anwendung. Zugleich muss die Anwendung die Anforderungen an die Robustheit erfüllen. Hierzu gehören beispielsweise die Unterbindung von Datenverlusten bei Abbruch von Internetverbindungen oder Deaktivierungen des Endgerätes aufgrund mangelnder Batteriekapazitäten sowie eine Implementierung von geeigneten Verfahren zur Prüfung der Validität von Daten (z.B. Messwerte) die aus anderen Quellen bezogen wurden. Im Rahmen des Verbraucherschutzes sind dabei Maßnahmen umzusetzen, die etwa der Information des Versicherten über die Modalitäten der Nutzung oder der Unterbindung einer ungebührlichen gewerblichen Beeinflussung dienen, zu gewährleisten. Das Bundesministerium für Gesundheit regelt Details zu den entsprechenden Anforderungen in einer Rechtsverordnung.

Weist eine digitale Gesundheitsanwendung mehrere pflegerische Nutzen oder zusätzliche Funktionalitäten auf, so erfolgt keine zusätzliche Vergütung der Hersteller zu Lasten der sozialen Pflegeversicherung für zusätzliche Funktionalitäten oder Mehrwertdienste, die über das Leistungsspektrum hinausgehen, das Gegenstand der Prüfung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte war. Etwaige Mehrkosten für derartige Angebote müssen die Pflegebedürftigen selbst tragen.

Absatz 5
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entscheidet über den Antrag nach Absatz 3 innerhalb von drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags. Der Hersteller kann zur Ergänzung des Antrags aufgefordert werden, wenn dieser unvollständig ist. Im Übrigen gilt etwa hinsichtlich der Pflicht zur Anzeige wesentlicher Veränderungen, zur Erstellung eines Leitfadens, zur Beratungstätigkeit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie zur Gebührenpflichtigkeit des Verfahrens § 139e Absatz 6 bis 8 des Fünften Buches entsprechend. Soweit eine digitale Pflegeanwendung begleitende Unterstützungsleistungen Dritter vorsieht, stellt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte diese in dem Bescheid für die Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen verbindlich fest.

Absatz 6
Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, das Nähere in einer Rechtsverordnung zu regeln.

Absatz 7
Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird verpflichtet, das Bundesministerium für Gesundheit jährlich über die Inanspruchnahme der Leistungen nach den §§ 39a und 40a zu informieren, insbesondere dazu, wie viele Pflegebedürftige der jeweiligen Pflegegrade zu welchen Zwecken Leistungen in Anspruch genommen haben und welche Mittel die Pflegekassen dafür verausgabt haben. Das Bundesministerium für Gesundheit kann weitere Inhalte des Berichts festlegen.

Zu Nummer 18
Die Grundsätze für die Vergütungsregelungen zwischen ambulanten Pflegediensten und den Kostenträgern werden entsprechend dem neuen Leistungsanspruch des Pflegebedürftigen nach den §§ 39a und 40a gegenüber dessen zuständiger Pflegekasse künftig um eine Sondervergütung für beruflich Pflegende für die die digitale Pflegeanwendung ergänzende Unterstützung ergänzt. Die erforderliche Unterstützung des Pflegedienstes ist dabei immer in direkter Abhängigkeit von bzw. eng verbunden mit der versichertenindividuellen digitalen Anwendung und der dort vorgegebenen Interaktion mit Dritten und dem jeweiligen Kommunikationsweg zu sehen. Beispielsweise könnte sich ein „webbasierter pflegerischer Nutzen“ eines Pflegedienstes im engen Kontext einer digitalen Pflegeanwendung in einer kurzfristig erforderlichen Beratungsleistung ebenso gut realisieren wie in der sachgerechten Einleitung konkreter, persönlicher Hilfen nach einer automatisch ausgelösten Warnung einer App, ähnlich wie
bestehende Hausnotrufsysteme, deren Nutzung den Pflegebedürftigen wie auch den jeweiligen Anbietern nach geltender Rechtslage bereits pauschaliert erstattet wird.

Diese Ergänzung stellt sicher, dass Pflegedienste von den Pflegekassen, insbesondere in Abgrenzung zur Vergütung weiterer, allgemeiner Leistungsansprüche der Pflegebedürftigen nach diesem Buch, erforderliche eng mit einer digitalen Pflegeanwendung eines Pflegebedürftigen verbundene Sach- und Personalaufwände angemessen vergütet erhalten.

Der Pflegedienst hat den Pflegebedürftigen nach § 120 Absatz 3 vorab und bei jeder wesentlichen Änderung über die von ihm dadurch selbst zu tragenden Kosten zu informieren.

Zu Nummer 19
Durch die Ergänzung der Vorgaben zum Pflegevertrag in den Absätzen 3 und 4 soll sichergestellt werden, dass
die Pflegebedürftigen über die mit dem Einsatz von digitalen Anwendungen in der Interaktion mit einem Pflegedienst verbundenen möglicherweise selbst zu tragendenden Folgekosten umfassend und frühzeitig informiert werden.

§ 75 Rahmenverträge, Bundesempfehlungen und -vereinbarungen über die pflegerische Versorgung
1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich.
(2) Die Verträge regeln insbesondere:
1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen,
1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen,
2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim,
6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen,
7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen,
8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten,
9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können,
10.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für die Zahlung einer ortsüblichen Vergütung an die Beschäftigten nach § 72 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2,
11.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise bei den Vergütungsverhandlungen.
Durch die Regelung der sächlichen Ausstattung in Satz 1 Nr. 3 werden Ansprüche der Pflegeheimbewohner nach § 33 des Fünften Buches auf Versorgung mit Hilfsmitteln weder aufgehoben noch eingeschränkt.
(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder
1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder
2.
landesweite Personalrichtwerte
zu vereinbaren. Dabei ist jeweils der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Bei der Vereinbarung der Verfahren nach Satz 1 Nr. 1 sind auch in Deutschland erprobte und bewährte internationale Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Personalrichtwerte nach Satz 1 Nr. 2 können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens
1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie
2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
Die Maßstäbe und Grundsätze nach Absatz 2 Nummer 3 sind auch daraufhin auszurichten, dass das Personal bei demselben Einrichtungsträger in verschiedenen Versorgungsbereichen flexibel eingesetzt werden kann.
(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.
(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.
(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.
(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

Fazit

1. Um den neuen DiPA-Angeboten eine wünschenswerte Durchdringung bei den Pflegeempfängern zu ermöglichen, müssen lebensweltorientierte Unterstützungsangebote sowohl zur Vermittlung von elementarem Bedienwissen als auch für den Erwerb von Gestaltungs- und Orientierungswissen zur Verfügung gestellt werden.

2. Um mit den neuen Digitalen Pflegeanwendungen die Sorge und Pflegearbeit der Angehörigen (insbesondere Organisation und Bewältigung des pflegerischen Alltags) wirkungsvoll zu unterstützen, sollten hybride DiPA Konzepte menschliche Assistenzkräfte mit spezialisiertem Expertenwissen als „Ergänzende Unterstützung“ nach § 39a SGB XI ermöglichen

3. Neben den Ambulanten Pflegediensten sollte ein offenes System für die anzubietenden ergänzenden Unterstützungsleistungen ermöglicht werden. Hiermit wird eine breitere Basis geschaffen und die Kompetenz der Hersteller könnte das geforderte Expertenwissen über die DiPA effizienter bereitstellen.

4. Das DiPA-Budget sollte als Jahresbudget ausgestaltet werden, um saisonal unterschiedliche Bedarfslagen besser unterstützen zu können.

Pflegeberatung und AUA-Leistungen sollten als Ressource für den erfolgreichen DiPA-Aufbau genutzt werden.

5. Der menschlichen Komponente sollte im Hinblick auf die erfolgreiche Vermittlung von elementarem Bedienwissen als auch dem Erwerb von Gestaltungs- und Orientierungswissen bei der Einführung und Nutzung Digitaler Anwendungen gerade in der zutiefst personell geprägten Pflege ausreichend Respekt entgegengebracht werden.

Die Unterstützungsleistungen sollten nicht als zu vermeidender Kostenfaktor, sondern als überaus nützliche Investition bei der Stärkung der Digitalisierung in der Pflege betrachtet werden.

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