Verhinderungspflege 2024
7 Tipps zur Nutzung und alle gesetzlichen Regelungen.
Mit der Verhinderungspflege finanzieren Sie eine Ersatzpflegeperson in der häuslichen Pflege.
Welche Kosten übernehmen die Pflegekassen? Welche komplizierten Regeln sind teilweise zu beachten?
Exklusiv: Kostenlos den nützlichen Verhinderungspflege-Rechner für die bequeme Abrechnung hier herunterladen.
Nachfolgend erklärt der Pflege-Dschungel alle wichtigen Fragen zur Verhinderungspflege und zeigt Ihnen 7 wertvolle Tipps.
Wenn Sie sich die Informationen zur Verhinderungspflege lieber per Video erklären lassen wollen, können Sie sich die beiden nachfolgenden Beiträge anschauen.
Meine Empfehlung: Hier wird viel Wissen vermittelt. Stoppen Sie bei Bedarf das Video und verarbeiten Sie die Inhalte Stück für Stück.
Vorab:
Warum können Sie jetzt die Inhalte vom Pflege-Dschungel bequem per Video erfahren?
Teil 1:
Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege, wie viel Budget steht zur Verfügung, Vorpflegezeit
Teil 2:
Tages- und stundenweise, nahe Verwandte vs. Nachbarn, Steuern, angemessene Stundenlöhne
Verhinderungspflege im Überblick:
Die Verhinderungspflege ist eine wichtige Entlastungsleistung für pflegende Angehörige. Sie ist eine Erstattungsleistung und muss nicht im Vorfeld beantragt werden. Trotzdem verlangen viele Pflegekassen vorab das Ausfüllen eines Antrages.
Es gibt zwei Formen: tageweise und stundenweise Verhinderungspflege. Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 haben Anspruch darauf, wenn sie mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt wurden. Das Budget beträgt 1.612 € pro Jahr und kann flexibel genutzt werden. Bei Bedarf kann das Budget durch Kurzzeitpflegegeld aufgestockt werden.
Es gibt Einschränkungen bei der Nutzung des Budgets, z.B. bei Verwandtschaftsgrad oder gemeinsamem Haushalt mit der Ersatzpflegeperson. Die Verhinderungspflege kann von verschiedenen Personen übernommen werden, einschließlich Familienangehörigen, Freunden, Nachbarn oder professionellen Pflegekräften. Bei Verwandten bis zum 2. Grad oder Haushaltsangehörigen gelten spezielle Regelungen. Die Abrechnung kann direkt mit den Pflegekassen erfolgen.
Es ist wichtig, die individuellen Voraussetzungen und Regelungen zu beachten, um die Verhinderungspflege bestmöglich zu nutzen.
1. Definition: Verhinderungspflege
Die Verhinderungspflege ist eine der wichtigsten Entlastungsleistungen für Sorgende und Pflegende Angehörige, zu denen auch die Kurzeitpflege und der Entlastungsbetrag gehören.
Sie hat ihren Ursprung in der Erkenntnis, dass die pflegebedürftige Person bei Krankheit oder Urlaub der Pflegeperson einen Ersatz benötigt, der oder die sich um die Pflegeaufgaben in der Abwesenheitszeit kümmert. Um diese Ersatzpflegeperson zu finanzieren, steht das Budget der Verhinderungspflege zur Verfügung.
Diese ursprüngliche Nutzungsform und Definition der Verhinderungspflege wird als tageweise Verhinderungspflege bezeichnet. Die alternative Form ist die sogenannte stundenweise Verhinderungspflege.
In den letzten Jahren hat sich die stundenweise Verhinderungspflege immer mehr durchgesetzt.
Die Ersatzpflegeperson vertritt die eingetragene Pflegeperson bei Abwesenheit
In der Regel wird bei der Erstbegutachtung mindestens eine Person (Angehörige, der Lebenspartner, Nachbarn, Bekannte oder sonstige Personen, die einen Pflegeempfänger nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen) als Pflegeperson benannt und bei der Pflegekasse registriert. Ohne diese eingetragene Person kann keine Verhinderungspflege stattfinden.
Ist dies nicht geschehen oder hat später ein Wechsel/Ergänzung stattgefunden, kann diese Person auch nachträglich nachgemeldet werden.
Für alle steuerrechtlichen Fragen habe ich eine eigene Seite eingerichtet. Dies informiert, ob und wie die Verhinderungspflege steuerfrei bezogen werden kann.
Die Infografik zur Verhinderungspflege kann hier heruntergeladen werden.
2. Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege?
Grundsätzlich haben alle mit einem Pflegegrad 2 bis 5 begutachteten pflegebedürftigen Anspruch auf die Nutzung der Verhinderungspflege.
Der Gesetzgeber hat jedoch die nachfolgende einschränkende Hürde vorgesehen:
Die pflegebedürftige Person muss mindestens sechs Monate lang in ihrer häuslichen Umgebung pflegerisch versorgt worden sein – die sogenannte „Vorpflegezeit“.
Dies Vorpflegezeit muss nicht ununterbrochen über die sechs Monate erfolgt sein. Pausen, die nicht länger als vier Wochen sein dürfen, sind erlaubt. Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson den Pflegebedürftigen sechs Monate gepflegt haben muss.
Wenn Sie erstmalig die VHP in Anspruch nehmen möchten und der Zeitpunkt der Inanspruchnahme weniger als sechs Monate vom Termin der Bestätigung der Pflegebedürftigkeit zurückliegt, müssen Sie die Vorpflegezeit der Pflegekasse nachweisen.
Je nach Pflegekasse (oft auch Tageslaune der Mitarbeiter) können schriftlich dargelegte Argumentationen ausreichen. Oder auch nicht. Auf der sicheren Seite sind Sie jedoch, wenn Sie z. B. den Hausarzt um eine kurze schriftliche Bestätigung der Notwendigkeit einer Betreuung oder Pflege bitten, die mindestens sechs Monate zurückliegt.
Meine Meinung: Die leidige „Vorpflegezeit“ wird selbst vom Gesundheitsministerium als überholter Zopf betrachtet und sollte eigentlich mit der für 2021 geplanten Pflegereform gestrichen werden. Leider findet in der sehr reduzierten Pflegereform diese Zielsetzung nicht mehr statt. Vielleicht hat die neue Regierung hier eine scharfe Schere, um den Zopf endlich abzuschneiden.
Eine vorherige Beantragung der VHP ist gesetzlich nicht notwendig. Die Einreichung der Abrechnung ist ausreichend.
3. Welche Leistungen zahlt die Pflegeversicherung?
Das zur Verfügung stehende Budget der Verhinderungspflege ist ein Jahresbudget. Dieses beträgt 1.612 Euro pro Kalenderjahr und kann nach Ihren Wünschen und Bedarfen verwendet werden. Sie können regelmäßig kleinere Beträge monatlich abrufen oder z.B. für eine längere Urlaubs- oder Krankheitszeit auch den gesamten Betrag in nur einem Monat zur Finanzierung einer Ersatzpflegeperson nutzen. Der volle Betrag von 1.612 Euro steht auch zur Verfügung, wenn der Pflegegrad z. B. erst im Mai oder bei entsprechender Vorpflegezeit im November anerkannt wurde.
Achtung: Diese Regelung gilt auch weiterhin für 2022, obwohl die Kurzzeitpflege ab 1.1.2022 um 10 % aufgestockt wurde.
Wenn Sie das Geld der Kurzzeitpflege gänzlich oder nur teilweise nutzen, können Sie maximal 50 % hiervon verwenden, um damit die VHP aufzustocken. Von den 1.612 Euro Kurzzeitpflegegeld können Sie damit mit maximal 806 Euro das VHP-Budget auf insgesamt 2.418 Euro erhöhen. Mit diesem Budget können Sie die Verhinderungspflege voll ausschöpfen.
Zwei Einschränkungen sind zu beachten:
- Wenn Sie die Ersatzpflegeperson z.B. für eine Urlaubs- oder längere Vertretung aus Krankheitsgründen nutzen, ist Ihre Hauptpflegeperson in der Regel mehr als 8 Stunden pro Tag abwesend. In diesen Fällen ist die mögliche Zeit der VHP auf 42 Tage im Jahr begrenzt. Details zu dieser „tageweisen Verhinderungspflege“ finde Sie im Kapitel 6.
- Ist die Ersatzpflegeperson mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2 Grad verwandt oder verschwägert +und/oder lebt sie im selben Haushalt, kann nicht das volle VHP-Budget für die Honorierung der Ersatzleistung zum Einsatz kommen. Für diesen Personenkreis stellt die Pflegeversicherung lediglich das 1,5 fache des jeweiligen monatlichen Pflegegeldbetrages zur Verfügung. Diese Summe ist je Pflegegrad unterschiedlich.
4. Wer kann die Verhinderungspflege leisten?
Die Verhinderungspflege kann von vielen Menschen, zu denen ein vertrauensvolles Verhältnis besteht, übernommen werden. Hierzu zählen insbesondere:
- Familienangehörige,
- Freunde, Nachbarn, Bekannte
Bei nahen Familienangehörigen, die bis zum 2. Grad mit der zu pflegenden Person verwandt oder verschwägert sind sowie Haushaltsangehörige, sind besondere Regelungen zu beachten (siehe weiter unten).
Erwerbsmäßig tätige Pflegeperson (z.B. Alltagsbegleiter, Mitarbeiter/innen von Ambulanten Betreuungs- oder Pflegediensten) können ebenfalls die Verhinderungspflege leisten und mit den Pflegekassen auch auf Wunsch direkt abrechnen.
Erfolgt die Verhinderungspflege durch erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, um entfernte Verwandte oder Nachbarn, können die vollen 1.612 € Budget unmittelbar für die Pflege genutzt werden.
Bei Angehörigen des zweiten Grades wird von den Pflegekassen nur der 1,5 fache Betrag des Pflegegeldes ausgezahlt. Dieser ist je nach Pflegegrad unterschiedlich. Mittelbar können aber auch hier die Leistungen von bis zu 1.612 € genutzt werden, wenn nachweisbare Aufwendungen der Ersatzpflegeperson angefallen sind (z. B. Fahrtkosten oder Verdienstausfall).
Wer zum Kreis des zweiten Grades in Ihrer Familie zählt, können Sie sich hier anschauen:
Verwandte und Verschwägerte (§ 1590 BGB)
- Eltern,
- Kinder (einschließlich der für ehelich erklärten und angenommenen Kinder),
- Großeltern,
- Enkelkinder
- Geschwister
Verschwägerte des Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade sind:
- Stiefeltern,
- Stiefkinder,
- Stiefenkelkinder (Enkelkinder des Ehegatten),
- Schwiegereltern,
- Schwiegerkinder (Schwiegersohn/Schwiegertochter),
- Schwiegerenkel (Ehegatten der Enkelkinder),
- Großeltern der Ehegatten,
- Stiefgroßeltern,
- Schwager/Schwägerin.
Budget der Verhinderungspflege für Stundenlöhne bei nahen Verwandten
Hier steht das 1,5 fache monatliche Pflegegeld als Budget für Stundenlöhne:
Kilometergeld und Verdienstausfall bei nahen Verwandten
Fallen bei den vorgenannten Ersatzpflegepersonen (nahe Verwandte) durch die Durchführung der Ersatzpflegeleistung zusätzliche Fahrkosten oder ein nachweisbarer Verdienstausfall an, so können diese ebenfalls bei der Pflegekasse abgerechnet werden. Hier die dafür möglichen Maximalbeträge der Verhinderungspflege (ohne und mit 806 € Umwandlung):
Regelungen für Selbständige Erstpflegepersonen
Ist die Ersatzpflegeperson selbständig tätig, ist für den Nachweis des Verdienstausfalles der Einkommensteuerbescheid vom Vorjahr vorzulegen. Als Berechnungsgrundlage ist hierbei das aus diesem Steuerbescheid ersichtliche Netto zugrunde zu legen.
Regelungen für die Fahrtkosten
Bei der Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges ist in Anlehnung an das Krankenversicherungsrecht (§ 60 Abs. 3 Nr. 4 SGB V) pro gefahrenen Kilometer jeweils der nach dem § 39 SGB XI Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson Bundesreisekostengesetz (§ 5 Abs. 1 BRKG) festgesetzte Betrag für die Wegstreckenentschädigung (0,20 EUR) zu erstatten. Eine Begrenzung auf den Höchstbetrag von zurzeit 130,00 EUR bzw. 150,00 EUR erfolgt nicht.
Ausnahmeregelung: „Erzielung von Erwerbseinkommen“
Den Gesamtbetrag von 1.612 € (oder erhöht auf 2.418 €) können auch von Pflegepersonen, die bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind oder im selben Haushalt leben, komplett für Verhinderungspflege aufgebraucht werden.
Eine Beschränkung auf das 1,5 fache des Pflegegeldes findet nicht statt, wenn diese Tätigkeit der Erzielung von Erwerbseinkommen dient.
Diese Absicht wird vom Gesetzgeber dann unterstellt, wenn die Verhinderungspflege sich über den gesamten Zeitraum von mindestens sechs Wochen (42 Tage) und länger (WICHTIG!) am Stück erstreckt.
Zu bedenken ist hier, dass keine weitere Verhinderungspflege mehr anschließend abgerechnet werden kann, auch wenn noch Budgetrest zur Verfügung stehen (z.B. nur wenige Stunden pro Tag bei geringem Stundenlohn: 42 Tage mal 4 Stunden bei 9 Euro Stundenlohn = 1.512 €).
5. Was ist ein angemessener Verhinderungspflege-Stundenlohn?
Eine beim Pflege-Dschungel oft gestellte Frage. Deshalb haben wir eine eigene Studie hierzu initiiert (s.u.).
Grundsätzlich ist der Versichert darin frei, einen Stundenlohn zu definieren und zu bezahlen. Aber, der § 29 SGB XI beschreibt das „Wirtschaftlichkeitsgebot“. Der Gesetzestext lautet:
Die Leistungen müssen wirksam und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Leistungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können Pflegebedürftige nicht beanspruchen, dürfen die Pflegekassen nicht bewilligen und dürfen die Leistungserbringer nicht zu Lasten der sozialen Pflegeversicherung bewirken.
Es können also keine Fantasiepreise zur Abrechnung kommen. Es ist zu empfehlen, den Preis den zu leistenden Anforderungen anzupassen. So könnte eine reine Beaufsichtigung durch Anwesenheit im Bereich 7 bis 15 €, leichtere pflegerische und betreuerische Aufgaben mit 10 bis 15 €, anstrengendere und anspruchsvolle Leistungen mit 15 bis 25 € und hoch spezialisierte und kritische Arbeiten (Intensivpflege / Beatmung) durchaus mit 25 bis 30 € und mehr honoriert werden.
Durchschnittslohn für Verhinderungspflege April 2022 = 14,29 €
Bis zum Ende 2023 nahmen mehr als 3.928 Pflege-Dschungel Besucher/innen an unserer laufenden Umfragestudie zum Stundenlohn für die Verhinderungspflege teil.
Für die erste Kategorie wurde ein durchschnittlicher Stundenlohn von 14,29 € an die Ersatzpflegekräfte bezahlt. Die Stundenlohn-Range von 12,50 € bis 15,00 € wurde mit über 34 % am häufigsten genannt.
Die detaillierten Abstimmungsergebnisse können bei der Studie: „Stundenlöhne für die Verhinderungspflege“ eingesehen werden. Sie müssen lediglich Ihre eigenen bisherigen Zahlungen angeben.
Schwierigkeitsstufe | A. Stundenlohn bei normaler Verhinderungspflege | B. Stundenlohn bei außerplanmäßiger Verhinderungspflege | C. Stundenlohn bei außergewöhnlicher Verhinderungspflege |
---|---|---|---|
Beschreibung | Eher regelmäßig geplant und eher werktags zu normalen Uhrzeiten. | Eher spontaner Bedarf und Einsatz am Wochenende und oft abends. | Sehr arbeitsintensive Verhinderungspflege mit anspruchsvollen Aufgabenstellung. |
Anzahl Abstimmungen | 2.615 | 826 | 487 |
Beliebteste Lohn Range | 12.50-15,00 € (34,5 %) | 12.50-15,00 € (30,0 %) | 20,0-25,00 € (17,0 %) |
Durchschnittslohn | 14,29 € | 15,81 € | 20,61 € |
6. Wie funktioniert die „stundenweise“ Verhinderungspflege?
Wie bereits eingangs erwähnt, ist diese Form der Verhinderungspflege mit über 90 % am weitesten verbreitet. Die Ersatzpflege findet dann aufgrund von kürzeren Verpflichtungen und Terminen (z. B. eigener Arztbesuch oder Friseurtermin) der Hauptpflegeperson statt. Aber auch die sehr zum empfehlenden einfachen Auszeiten für die Erholung und Entspannung können die Nutzung der stundenweisen Verhinderungspflege begründen.
Zur Unterscheidung zwischen stundenweiser und tageweiser Verhinderungspflege ist ausschließlich die Verhinderungszeit der Hauptpflegeperson relevant, nicht die geleistete Stunden der Ersatzpflegeperson. Ist die Hauptpflegeperson weniger als 8 Stunden verhindert, handelt es sich um die stundenweise Nutzung. Bei mehr als 8 Stunden, um die tageweise Verhinderungspflege.
Eine Definition des „Verhindert seins“ existiert nicht im SGB XI und auch nicht in den Richtlinien für die Pflegekassen. Insofern können die ca. 50 % der Hauptpflegepersonen, die nicht im selben Haushalt wie die pflegebedürftige Person leben, in der Regel nur denselben Zeitraum der Verhinderung angeben, in der die Ersatzpflege stattgefunden hat.
Eine Angabe im Sinne einer „Abwesenheit“ hätte zwangsläufig zur Folge, dass es sich immer um eine tageweise Verhinderungspflege handeln müsste, da die Person in der Regel den überwiegenden Tagesanteil (länger als 8 Stunden) nicht im Pflegehaushalt anwesend ist. Insofern wird von den Kassen eine deckungsgleiche Angabe von Ersatzpflegezeitraum und Verhinderungszeitraum akzeptiert (Ausnahme bei Urlaub und längerer Krankheit).
Bei der Abrechnung und/oder auf den Antragsformularen wird in der Regel neben „Urlaub“ und „Krankheit“ alternativ nach den sonstigen Gründen für die Nutzung gefragt. Eine Verpflichtung zur Nennung der Motive für die Nutzung besteht jedoch nicht und verstößt genau genommen sogar gegen den Grundsatz der Datenminimierung des Art. 5 DSGVO, da die personenbezogenen Daten, ob jemand zum Friseur war oder ein Seminar bei der Volkshochschule besucht hat, keinerlei Relevanz für die Genehmigung der Leistungserstattung hat.
Lediglich bei den Angaben „Urlaub“ und „Krankheit“ kann davon ausgegangen werden, dass die Hauptpflegeperson mehr als 8 Stunden abwesend war und es sich deshalb um die tageweise Verhinderungspflege handeln müsste.
Wichtig: Bei der stundenweisen Verhinderungspflege findet keine Anrechnung der genutzten Tage auf das Gesamtkontingent von 42 Tagen statt.
7. Was ist die „tageweise“ Verhinderungspflege?
Die tageweise Verhinderungspflege kommt dann zur Geltung, wenn die Hauptpflegeperson länger als mindestens 8 Stunden verhindert ist.
Bei der tageweisen Verhinderungspflege werden alle genutzten Tage auf das Kontingent von 42 Tage angerechnet.
Mit Ausnahme des ersten und letzten Tages eines zusammenhängenden Zeitraums wird das Pflegegeld je Tag um die Hälfte gekürzt (1/60 Anteil).
Beispiel Pflegegrad 3, Urlaub 12 Tage = für 10 Tage Kürzung des Pflegegeldes um 90,83 € (545€/60*10). Verbleibende Resttage für Verhinderungspflege 42-12=30.
Wenn der Leistungsanspruch der Verhinderungspflege im laufenden Kalenderjahr der Dauer, nicht aber der Höhe nach bereits ausgeschöpft wurde, kann das Restbudget der Verhinderungspflege für die stundenweise Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden.
8. Wo kann die Verhinderungspflege stattfinden?
Die Verhinderungspflege kann nicht nur im Haushalt des Pflegebedürftigen geleistet werden. Hier greift ein erweiterter Häuslichkeitsbegriff.
Die Verhinderungspflege kann z.B. auch daher insbesondere in
- einem Wohnheim für behinderte Menschen,
- einem Internat,
- einer Krankenwohnung,
- einem Kindergarten,
- einer Schule,
- einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung,
- einem Krankenhaus oder
- einer Pflegeeinrichtung (unabhängig von einer Zulassung nach § 72 SGB XI)
durchgeführt werden.
Verhinderungspflege im Krankenhaus?
Dient der Krankenhausaufenthalt des Pflegebedürftigen allein der vollstationären Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, besteht für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Verhinderungspflege. Bei der Kostenübernahme für die zuvor genannten oder vergleichbaren Einrichtungen ist jedoch darauf zu achten, dass nur die pflegebedingten Aufwendungen berücksichtigt werden können.
Investitionskosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder für Zusatzleistungen sowie die Behandlungspflege und Betreuung dürfen hier jedoch nicht übernommen werden.
Falls in diesem Zusammenhang lediglich eine Gesamtsumme oder ein Tagessatz – ohne weitere Spezifizierung – in Rechnung gestellt wird, sollte ein Prozentsatz in Höhe von mindestens 20 v. H. von der Summe des Rechnungsbetrages für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, medizinische Behandlungspflege und Betreuung in Abzug gebracht werden.
Verhinderungspflege im Urlaub?
Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt besteht auch ein Anspruch auf Verhinderungspflege der Pflegeperson nach § 39 SGB XI. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ersatzpflegeperson aus Deutschland heraus mitreist oder sich vor Ort befindet (z. B. in Spanien lebende Großeltern) und ob sie mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt.
Die Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI können somit auch von professionellen Pflegekräften bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt erbracht werden (Urteil des BSG vom 20.04.2016, Az.: B 3 P 4/14 R). Dies gilt weltweit (vgl. Ziffer 1 zu § 34 SGB XI). Auch in diesen Fällen kann der Leistungsbetrag nach § 39 Abs. 2 SGB XI um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden.
9. Sieben Tipps zur Verhinderungspflege
Tipp 1: Auszeit nehmen
Gönnen Sie sich regelmäßig Zeiten zum Auftanken. Planen Sie mit Bekannten und/oder Familienangehörigen feste wöchentliche Termine ein, an denen Sie sich aus der Pflegeverantwortung für ein paar Stunden ausklinken können. Bei einem Stundenlohn vom z. B. 10 Euro können Sie wöchentlich 4 Stunden eine Ersatzpflegeperson mit dem Budget der Verhinderungspflege finanzieren.
Tipp 2: Sechs Monate Pflegezeitraum richtig verstehen
Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson, für die die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden soll, den Pflegebedürftigen sechs Monate gepflegt haben muss. Es ist egal, welche Personen sich in den vergangenen sechs Monaten um die Pflege gekümmert haben.
Auch muss die Pflege in diesem Zeitraum nicht ununterbrochen ausgeführt worden sein. Pausen von unter vier Wochen sind möglich, ohne dass sich der Gesamtzeitraum verlängert.
Die Anforderung, dass mindestens der Pflegegrad 2 vorliegt, ist auch nicht an die 6-Monats-Frist gebunden. Lediglich zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege muss der Pflegegrad gegeben sein.
Wenn der Antrag auf Pflegegrad-Einstufung im Januar gestellt wurde, die eigentliche Pflege aber schon seit August des Vorjahres stattfindet, kann die Pflegeperson die entlastende Verhinderungspflege ab Februar in Anspruch nehmen.
Prüfen Sie daher bitte, ab wann gepflegt wurde und versuchen Sie ggfs. für diesen Zeitpunkt nachträglich eine Bestätigung über die Notwendigkeit von pflegerischen Maßnahmen vom Hausarzt zu bekommen.
Tipp 3: Mit dem Verhinderungspflege Rechner einfacher abrechnen
Für viele Pflegebedürftige ist die Abrechnung der verauslagten Gelder für die Verhinderungspflege eine sehr lästige Angelegenheit. Oft landen die Quittungen im berühmten Schuhkarton und warten dort auf die Weihnachtszeit. Dann wird mühselig mit dem Taschenrechner oder einer Excel-Tabelle die seit Monaten offenen Beträge endlich abgerechnet. Die Pflegekasse hat dann für Sie das Weihnachtsgeld angespart 😉
Hier möchten wir mit dem Verhinderungspflege Rechner für die Abrechnung helfen, damit Sie schneller und einfacher Ihrer verauslagten Gelder von Ihrer Pflegekasse zurückbekommen.
Den Verhinderungspflege-Rechner können Sie sich als Excel Tool zusammen mit einer kleinen Bedienhilfe kostenlos herunterladen
Tipp 4: Abwägen, wer die Verhinderungspflege übernimmt
Wenn die Verhinderungspflege jedoch von einer Ersatz-Pflegepersonen übernommen wird, die mit dem Antragsberechtigten bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert ist oder im selben Haushalt lebt, kann nur ein reduzierter Betrag (1,5-fache des monatlichen Pflegegeldes) abgerechnet werden.
Die Überlegung, wer die Verhinderungspflege durchführt, sollte also sorgfältig abgewogen werden, wenn entsprechende Alternativen zur Verfügung stehen.
Der Restbetrag kann aber immer auch für weitere Personen (Nachbarn, Freunde, entfernte Verwandte) genutzt werden.
Tipp 5: Sonstige Aufwendungen der Verhinderungspflege dokumentieren
Neben den Aufwendungen für die geleistete Pflegezeit können auch weitere Kosten (z.B. Fahrtkosten, Verdienstausfall) für die Verhinderungspflege mit der Pflegekasse abgerechnet werden.
Wurden beispielsweise für die Verhinderungspflege durch die Schwiegertochter nur 817,50 € berücksichtigt (1,5 fache des Pflegegeldes des Pflegegrades 3), verbleibt bis zum Gesamtbudget der Verhinderungspflege von 1.612 € noch ein Restbetrag von 794,50 €.
Auch wenn das Verhinderungspflege Budget für Pflegepersonen, die bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind oder im selben Haushalt leben, aufgebraucht wurde, können mit dem Restguthaben noch z. B. angefallenen Fahrtkosten geltend gemacht werden.
Die Schwiegertochter könnte bei einer Fahrstrecke von jeweils 60 km zusätzlich 264 € abrechnen (60*2*11*0,20€=264 €). Diese Aufwendungen müssen lediglich dokumentiert, nicht aber durch Tankbelege nachgewiesen werden. Sehr gut funktioniert hierfür Google Maps. Abfahrts- und Zielort eintragen und Route mit km-Entfernung als Beleg ausdrucken und Abrechnung beifügen.
Sammeln Sie bitte alle Belege für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Verhinderungspflege angefallen sind oder dokumentieren solche.
Tipp 6: Verjährungsfristen berücksichtigen
Wenn ihre Familie zu den vielen Familien gehört, die eventuell nicht wussten, dass die Kosten für die Ersatzpflege bei Verhinderung der Pflegeperson von der Pflegekasse bis zu einem Grenzbetrag ausgeglichen wurde, können Sie die Inanspruchnahme auch jetzt noch nachholen.
Aufgrund der Verjährungsregelungen in der Sozialen Gesetzgebung (§45 SGB I) verjähren berechtigte Ansprüche erst nach dem vierten Jahr, das nach dem Jahr der Anspruchsberechtigung folgt.
Hatten Sie also im Januar 2019 eine Ersatzpflege organisiert und hierfür entsprechende Aufwände, können Sie diese jetzt noch bei Ihrer Pflegekasse als Abrechnung einreichen und damit gleichzeitig für das entsprechende Jahr beantragen.
Wichtig: Es dürfen nur tatsächlich vorgenommen Leistungen abgerechnet werden, für die auch tatsächlich ein Geldfluss stattgefunden hat. Dieser muss durch Unterschriften von Leistungsnehmer und Leistungszahlen rechtsverbindlich dokumentiert werden.
Tipp 7: Verhinderungspflege einfacher planen
Um immer einen guten Überblick über den Einsatz der Verhinderungspflege Budgets zu haben, empfiehlt es sich, diese im Voraus zu planen.
Ob regelmäßige Entlastungen pro Woche/Monat oder längere Zeiträume als Urlaub, tragen Sie Ihre Wünsche in Ihren Pflegebudget-Optimierer ein und erkennen so frühzeitig, ob Sie Gelder der Kurzzeitpflege umwandeln sollten. Alternativ oder ergänzend können Sie eventuell auch bis zu 40 % des Sachleistungsbudgets in relevanten Monaten für Entlastungsleistungen umwandeln.
Wenn Sie regelmäßig den Überblick über alle ihre Ansprüche haben, können Sie eventuell deutlich mehr an Pflege für Ihre liebsten und für Ihre eigene Entlastung realisieren.
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Häufige Fragen zur Verhinderungspflege
Können nahe Verwandte die Verhinderungspflege durchführen?
Ja. Wird die Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag des 1,5 fachen Pflegegeldes nicht überschreiten. Zusätzlich können jedoch bei diesen Personen Aufwendungen für Fahrtkosten und/oder Verdienstausfall ausgeglichen werden.
Kann man sich die Verhinderungspflege auszahlen lassen?
Nein, sie ist eine Erstattungsleistung für nachgewiesen, erbrachte Ersatzpflegeleistungen.
Wer bekommt das Geld der Verhinderungspflege?
Die Verhinderungspflege ist eine Erstattungsleistung, die in der Regel vom Versicherten vorfinanziert wird und gegen Vorlage einer qualifizierten Abrechnung auf ihr oder sein Konto überwiesen wird. Die Pflegekasse kann aber auf Wunsch den Betrag direkt an die Ersatzpflegeperson überweisen.
Wie viel Geld gibt es bei der Verhinderungspflege?
Die Aufwendungen können sich im Kalenderjahr auf bis zu 1612 Euro belaufen. Aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege können maximal 806 Euro zur Aufstockung verwendet werden. Insgesamt stehen damit maximal 2.418 Euro jährlich zur Verfügung.
Muss die Verhinderungspflege im Voraus beantragt werden?
Nein. Hierzu geben die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes klar vor: „Anspruchsvoraussetzung ist nicht, dass die Leistung im Voraus beantragt wird.“
Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege?
Alle Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege mit Pflegegrad 2 bis 5 mit Bezug von Pflegegeld, Kombinationsleistung oder nur Sachleistung, wenn eine Pflegeperson eingetragen ist.
Welche Voraussetzungen für Verhinderungspflege?
Es muss eine Pflegeperson eingetragen sein, für die bei Verhinderung eine Ersatzpflegeperson die Aufgaben übernehmen kann. Es muss mindestens Pflegegrad 2 vorliegen und die Pflege muss seit 6 Monaten erfolgen. Wenn eine beglaubigte (z.B. vom Hausarzt) Vorpflegezeit vorliegt, kann die Verhinderungspflege auch ab Zuerkennung des Pflegegrades in Anspruch genommen werden. Der Pflegegrad 2 muss also nicht bereits während der sechsmonatigen Vorpflegezeit vorgelegen haben.
Was ist die tageweise Verhinderungspflege?
Bei einer tageweisen Verhinderung ist Pflegeperson mehr als 8 Stunden täglich an der Pflege gehindert (z.B. Urlaub oder Krankheit). Insgesamt kann für eine Höchstdauer von 42 Tagen die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden.
Was ist die stundenweise Verhinderungspflege?
Bei einer stundenweisen Verhinderung der Pflegeperson von weniger als 8 Stunden besteht der Anspruch auf das volle Pflegegeld.
Was ist Verhinderungspflege?
Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr bei der tageweisen Verhinderungspflege.
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