Buurtzorg kommt nach Deutschland.

Infografik  Buurtzorg - Niederländisches Pflege System Buurtzorg aus Holland kommt nach Deutschland

Auch die Buurtzorg Infografik darf für Präsentationen und/oder ihre Webseiten kostenlos genutzt werden. Sie finden eine hochauflösende Fotovorlage und eine PDF-Version in der Pflege-Dschungel Infografik-Sammlung zum Download.

Im folgenden Artikel verwende ich die Berufsbezeichnung der „Pflegerin“ synonym auch für den männlichen Kollegen.

„Es liegt was in der Luft“

Der Belgier Frédéric Laloux ist ein Wirtschaftsphilosoph und anerkannter Experte für Veränderungsprozesse in Unternehmen. Er beginnt mit dieser Metapher seinen Vortrag über die aktuelle Veränderungsbereitschaft von Unternehmen und Organisationen.

Im Zusammenhang mit Buurtzorg kann man aus Gesprächen, Artikeln, und Kommentaren wahrnehmen, dass da in unserer Pflegelandschaft tatsächlich „etwas in der Luft liegt“.

Mehr zu Frédéric Laloux finden Sie bei Interesse im Abschnitt 4 bei den Informationen für die Betreiber Ambulanter Pflegedienste  

Ich habe mich in den letzten Tagen intensiver mit Buurtzorg beschäftigt und möchte mit diesem Blog-Beitrag und der Infografik helfen, die Idee hinter dem Konzept verständlich zu machen.

Dabei betrachte ich Buurtzorg aus vier verschiedenen Perspektiven (mit einem Klick auf den Link gelangen Sie direkt zu diesem Abschnitt): 

  1. Aus der Sicht der betroffenen Klienten/Patienten und ihren Pflegenden Angehörigen (informelle Pflege),
  2. aus der Perspektive der Pflegekräfte, die sich für Buurtzorg als möglichen  neuen Arbeitgeber interessieren,
  3. mit dem Auge der Pflegeberater/innen, Pflegedienstleiter/innen sowie andere Managementebenen, die in einer Buurtzorg-Organisation keine Aufgaben mehr haben werden und
  4. aus der Sicht der Unternehmen aus der Ambulanten Pflegebranche, die sich weiterentwickeln wollen und sich um ihre Existenzsicherung kümmern möchten.

Der letzte Aspekt soll keine Ängste schüren. Er soll nur dafür sensibilisieren, dass Buurtzorg in Holland und anscheinend auch in den anderen Ländern, in denen das Konzept derzeit ausgerollt wird, eine enorme Sogwirkung auf die Pflegefachkräfte und Mitarbeiter von Ambulanten Pflegediensten ausübt.

Trotzt der jetzt schon hohen Verbreitung (über 14.000 Mitarbeiter/innen) trudeln monatlich immer noch bis zu 100 Initiativ-Bewerbungen von examinierten Kranken- und Altenpflegerinnen, Bachelor of Nursing Absolventinnen sowie anderen Pflegekräften in Almelo (Sitz der Buurtzorg-Zentrale) ein.

Ergänzend findet noch der folgende Aspekt Berücksichtigung:

5. Sind schon Alternativen zu Buurtzorg in Deutschland am Markt tätig? Ja, im letzten Abschnitt stelle ich die Ambulanten Pflegedienste auf AUGENHÖHE vor. 

Die aktuellsten und wesentlichsten Informationen konnte ich durch das Kennenlernen von Gunnar Sander und Johannes Technau von Buurtzorg Deutschland in Erfahrung bringen. Mit ihnen konnte ich mich anlässlich der tollen und inspirierenden Kongress-Veranstaltung PFLEGEHORIZONTE am 9.11. In Varel austauschen. 

Doch bevor wir beginnen, hier zwei kleine Hilfen:

Bedeutung von Buurtzorg:
Buurt steht für „Nachbar“ und zorg für „Sorge“ = Nachbarschaftshilfe

Aussprache von Buurtzorg (danke Hans):
Buurt wird ausgesprochen wie in Gebühr. Bühr + t. Zorg wird ausgesprochen wie Sorg. Die Z wird ausgesprochen wie in Zählen. Die G am Ende ist unsere holländische G, wie in Germeraad.
So: BührtZorG.“

Aussprache Buurtzorg = BhürtZorG

von meinem Freund Hans

Vier Perspektiven auf Buurtzorg

Buurtzorg aus vier Perspektiven betrachten

Was ist Buurtzorg?
15 Basis-Fakten, die man wissen sollte.

  1. Buurtzorg ist ein Ambulanter Pflegedienst und wurde 2007 vom holländischen Krankenpfleger Josephus Bernardus Imelda (Jos) de Blok (Vogelwaarde, 10. August 1960) gemeinsam mit vier Kollegen gegründet.
  2. Aufgrund seiner bahnbrechenden Idee einer „neuen Pflege“ und den umwälzenden Erfolg hat Jos de Blok sich bei unseren Nachbarn den Spitznamen „Pflegeprophet“ erworben.
  3. Buurtzorg ( „Nachbarschaftshilfe“) ist in der häuslichen Pflege tätig. Als „purpose (Sinn, Zweck) driven company“ hat die Firma eine gemeinnützige Rechtsform.
  4. Das Motto der gesamten Organisation : „Menschlichkeit vor Bürokratie“.
  5. Die Mission für die Teams: „Gebt den Pflegekräften ihre Berufung zurück und schafft Rahmenbedingungen, dass sie die Menschen so betreuen können, wie sie es lieben. 
Wenn Schwestern und Pfleger ihre Arbeit  wieder schätzen, sind auch Patienten und  Angehörige glücklich.“
  6. Selbstverständnis: „We don’t deliver care, we solve problems“. Es existieren keine zu verkaufende „Pflegeleistungen“. Es wird ausschließlich nach verbrachter Zeit für die Problemlösung abgerechnet.
  7. Kleine, sich selbst organisierende Teams von 4 bis 12 Pflegekräften.
  8. Keine Hierarchien, keine Chefs, keins PLDs – weder in der Zentrale noch in den Teams.
  9. Das Buurtzorg Zwiebel-Modell von innen nach außen. Der Klient/Patient steht immer im Mittelpunkt.
  10. Die Situation des Klienten wird von den Pflegern holistisch (ganzheitlich) wahrgenommen und der Pflegebedarf eingeschätzt. Ziel ist es immer, die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des Klienten zu verbessern. Also das umgekehrte Ziel des „Pflegegrad-Management“, das bei uns das Sachleistungsbudget für mehr Versorgungsleistungen verbessern soll. Idealerweise wird der Klient/Patient schnellstmöglich durch „Genesung und /oder wiedererlangter Eigenständigkeit“ aus der Obhut von Buurtzorg wieder entlassen.
  11. Als Einschätzung- und Bewertungssystem wird das OMAHA-System genutzt. Pflegeplanung und Dokumentation wird ausschließlich papierlos über Tablets vorgenommen.
  12. Alle Teammitglieder sind für alle Aufgaben verantwortlich (Medizinische Versorgung, Einsatzpläne, Neueinstellungen, Neukunden, Abrechnungen, Budgets, etc.).
  13. Eigenes Social Intranet Buurtzorgweb als Grundlage des Lernens, der Kommunikation und des Wissensaustauschs.
  14. Rahmenvorgabe für die Arbeit und Organisation der selbstorganisierten Buurtzorg Teams.
  15. Teams werden von derzeit 21 Coaches beim Aufbau und bei Konflikten unterstützt, wenn sie von den Teams hierzu aufgerufen werden. 

1. Was haben die Klienten/Patienten und die Pflegenden Angehörigen von Buurtzorg?

Anscheinend viel. Laut dem größten niederländischen Bewertungsportal für Gesundheitsthemen „Zorgkaart“ rangiert Buurtzorg aktuell mit 9,3 von 10 Punkten ganz oben auf der Beliebtheitsskala.

98% der über 1.650 Familien, die Buurtzorg bewertet haben, sprechen ihre Empfehlung für die Organisation und ihre Teams aus.

Auch in Deutschland haben wir sicherlich viele Pflegebedürftige, die mit ihren Ambulanten Pflegediensten (PD) und den vor Ort tätigen Pflegefachkräften sehr zufrieden sind. Der Unterschied liegt in der grundlegend anderen Arbeitsweise der beiden Systeme und die damit verbundenen Konsequenzen.

Die pflegebedürftige Person hat bei Buurtzorg ein sehr enges Vertrauensverhältnis zu „ihrer persönlichen Hauptpflegeperson“.

Diese Pflegefachkraft (und nicht die Pflegedienstleistung oder Geschäftsführer oder Inhaber des PD) machen die Kontaktaufnahme oder Erstgespräch und sie ist von der ersten Minute der Aufnahme ihr fester Ansprechpartner.

Von dieser Pflegeperson bekommt sie sogar die persönliche Handy-Nummer – für den Notfall. Von dem Angebot, dass sie über diese Nummer 24 Stunden erreichbar ist, machen außerhalb der normalen Arbeitszeiten so gut wie niemand Gebrauch, so die Aussagen von Buurtzorg Pflegerinnen.

Buurtzorg ist ein Ambuanter Pflegedienst

Vertrauen wird auch dadurch geschaffen, dass die Pflegerinnen sich ganzheitlich um die Probleme der Klienten/Patienten kümmern (zweite Aufgabe: Aufbau und Stärkung der Informellen Hilfe).

Dies bedingt auch einen intensiven Austausch mit den weiteren Familienmitgliedern sowie Nachbarn und Freuden, wenn der Klient/Patient dies wünscht.

Dabei werden die Pflegenden Angehörigen aber nicht nur als mögliche Ressourcen angesehen, sondern sie bekommen selber in ihrer Pflegerolle vielfältige Unterstützung (von Schulungen und Beratung bei Pflegeaufgaben, eigenen Entlastungshilfen bis hin zu Mediatoren-Unterstützung bei internen Familienkonflikten).

Die Pflegerinnen haben auch eine „Signalfunktion“, wenn Sie Überlastungen bei den Pflegenden Angehörigen erkennen und versuchen dabei zu unterstützen, diese Gefahren abzuwenden.

Die Pflegerinnen erleichtern den Klienten/Patienten das Leben auch durch die Übernahme (wenn es gewünscht oder zwingend notwendig wird) der organisatorischen und koordinierenden Aufgaben rund um alle Beteiligte der „Formellen Pflege und Versorgung“.

Durch den räumlich engen Aktionsradius im Quartier/Kiez und dem intensiven Austausch der Buurtzorg Teams besteht ein eng geknüpftes Netzwerk mit Haus- und Fachärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern und anderen Leistungserbringern.

Diese wichtige vierte Aufgabe entlastet natürlich auch die Pflegenden Angehörige sehr gut und schafft auch bei ihnen ein gutes Gefühl, da man auf die Kompetenz der unabhängigen Pflegerinnen vertrauen kann.

Die extrem einfache Abrechnungsform über den ausschließlichen Faktor Zeit schafft eine sehr hohe Transparenz und stärkt die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Alle Klienten/Patienten (und den Pflegenden Angehörigen, wenn gewünscht) haben digitalen Zugriff auf alle Pflegedaten, Pflegeplanungen und Pflegeberichte. Der Stundenlohn für normale Pflege liegt bei 59 Euro (ab 2019 soll er auf 69 Euro steigen), der für Palliativpflege bei 89 Euro. 

Innerhalb der Buurtzorg Organisation haben die Familien eine eigene Interessen-Vertretung, den „Clientenraad“. Über diesen findet ein direkter und offener Informationsaustausch mit den Teams und der Buurtzorg Zentrale statt und gesammelte Anregungen und Wünsche können direkt in die gesamte Organisation vermittelt werden.

Das niederländische „Pflege-System“ ähnelt dem bundesdeutschen Pflege-Dschungel. Auch bei unserem Nachbarn gibt es ein Pflegegesetz ähnlich dem SGB XI, das Langzeit-Pflegegesetz WLZ (Wet langdurige zorg).

Analog unserer Pflegegrad-Einstufung mittels des NBA (Neue Begutachtungsassessment) haben die Holländer auch einen „Indikator“ für die Schwere der notwendigen Unterstützung. Dieser Indikator wird vom CIZ (Centrum Indicatiestelling Zorg) ermittelt.

Komplexere Versorgung können mit Hilfe der Sozialarbeiter (maatschappelijk werk) im Rahmen von Persönlichen Budgets (Persoonsgebonden Budget – PGB) organisiert und von der SVB (Sociale Verzekeringsbank) finanziert werden.

Mehr Informationen zum holländischen Pflege-System finden Sie hier: https://www.zorgwijzer.nl/faq/wlz (von Google übersetzen lassen)

Die Buurtzorg Teams unterstützen die Familien bei diesen bürokratischen Aufgaben.

 

Zwischenfazit: Das Prinzip Kunde ist König wird bei Buurtzorg ohne ein Wenn und Aber durch die Unternehmensphilosophie und der Arbeitsweise (Zwiebel-Modell) umgesetzt.

Dabei spielt der Wert „Vertrauen“ eine zentrale Rolle. Die Beziehung zwischen den Pflegerinnen und den Klienten/Patienten und Pflegenden Angehörigen wird durch diese Basis getragen.
Die hohe Mitarbeiterzufriedenheit und Identifikation mit ihrem Arbeitgeber Buurtzorg spiegelt sich auch in der hohen Kundenzufriedenheit wider.

„Ich kann mit ihr über alles sprechen –
das ist toll!“

Der sehr gut gemachte Kurzbeitrag „So funktioniert die Pflege in den Niederlanden“ der MDR FAKT-Redaktion kann auf Youtube oder der ARD Mediathek abgerufen werden.
(Danke für die Überlassung der Bild-Nutzungsrechte!)

Hohe Kundenzufriedenheit für Buurtzorg

Bewertungssystem für Buurtzorg Meeden als Beispiel

2. „Ist Buurtzorg ein interessanter Arbeitgeber für mich?“

Wenn hier in Deutschland über Buurtzorg von Pflegerinnen und Pfleger gesprochen wird, fallen Beschreibungen wie: „da bekommst du ja Pipi in die Augen“ (Lydia Kocar anlässlich des PflegeHorizonte- Kongresses 2018).

Klingt jetzt vielleicht ein wenig sehr emotional – aber auch in meinen Gesprächen in den letzten Wochen mit Pflegefachkräften über Buurtzorg kam immer ein erstauntes „Das ist ja cool, und das funktioniert? Das würde ich auch gern ausprobieren, So wollen wir doch alle arbeiten

Warum Buurtzorg in Holland auf die Pflegekräfte eine so enorme Sogwirkung hat, wird sehr authentisch von der Buurtzorg Mitarbeiterin Karin van Aalst anlässlich einer Veranstaltung der AK Arbeiterkammer Wien glaubhaft gemacht (siehe Video rechts, die 22 Minuten lohnen sich).

Zusammenfassend kann man die folgenden 21 Argumente und Fakten aufzeigen, um die Faszination der Holländerinnen für Buurtzorg als ihren Arbeitgeber zu verstehen. 

  1. Vertrauen
  2. Maximale Wertschätzung des Pflegeberufs und der Arbeit der Pflegerinnen
  3. Cool, dabei sein zu können
  4. Hohe Identifikation mit Unternehmensziel: „Wahrung der Eigenständigkeit und Unterstützung der Unabhängigkeit der Klienten/Patienten, die immer im Mittelpunkt stehen“
  5. Zeit statt Leistungskomplexe und starre Tourenpläne
  6. Kleine überschaubare Teams als Organisation (4 bis maximal 12)
  7. Keine Hierarchien, keine Chefs
  8. Flexible Arbeitszeiten
  9. Komplette Selbstorganisation mit Support vom Backoffice-Zentrale (Einsatzplanung, Gestaltung der Touren, Vertretungsregelung, Vorbereitung der Abrechnungen, Dokumentation & Datenbankpflege)
  10. Reduzierung von Komplexität und Bürokratie
  11. Alle Aufgaben werden von allen erledigt
  12. Unterstützung bei Bedarf (nicht managen) durch Coaches, die pflegerische Kompetenz haben  (werden von den Teams gerufen)
  13. Rahmenkonzept lässt Freiraum für erweiterte Aufgaben und persönlicher Weiterentwicklung (60% produktive Stunden, 40 % Abwesenheit, Netzwerkarbeit, Organisation, Weiterbildung)
  14. Alle Entscheidungen werden gemeinsam getroffen
  15. Neueinstellungen werden gemeinsam begutachtet und entschieden 
  16. Die Aufnahme von neuen Klienten/Patienten wird gemeinsam entschieden
  17. Komplette Budget-Verantwortung im Team (keine Gewinnmaximierung, da „purpose (Sinn, Zweck) driven company“
  18. Transparenz über alle Firmenthemen (z.B. Einstufungen und Gehälter)
  19. Digitale Dokumentation reduziert Bürokratie und schafft Transparenz für alle
  20. Kompetenzerweiterung durch gemeinsames, verständliches OMAHA Klassifizierungs- und Bewertungssystem (siehe Infografik rechts)
  21. Gemeinkosten sinken von 25% auf 8 % = mehr Spielraum für gute Gehälter  
Natürlich stellt insbesondere die Selbstorganisation besondere Anforderungen an die Mitarbeiter. Diese Arbeitsform ist vermutlich auch nicht für alle Pflegefachkräfte geeignet. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Feldtest in NRW

Derzeit testet die Sander Pflege mit vier Feldversuchen in NRW (Hörstel, Lotte, Emsdetten und Münster) das Buurtzorg Konzept. Sobald weitere Standorte dazu kommen, werden wir das hier dokumentieren (Tipp: Newsletter abonnieren).

Mark Adolph vom Buurtzorg Team Hörstel sagte anlässlich des BUURTZORG-Kongress: „Pflege ist im Aufbruch“, „Für mich hat sich sehr viel durch Buurtzorg geändert. Ich mache alles nur noch mit dem Team und wir bestimmen gemeinsam, wie wir pflegen können.“ Ebenso wichtig sei es, dass das Team hinter einem stehe, wenn man mal Entlastung brauche. „Es macht Spaß, ich gehe gerne zur Arbeit. Denn es ist bei uns wie in einer kleinen Familie.

Udo Janning, Projektkoordinator im Buurtzorg-Projekt, berichtete über die Organisation der Buurtzorg-Teams, die weitgehend eigenständig abliefe. Er habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Mitarbeitenden „auf dem kleinen Dienstweg“ oft deutlich schneller und besser abstimmen sowie ihre Abläufe koordinieren, als wenn dieses von einer übergeordneten Stelle wie zum Beispiel durch einen Pflegedienstleiter erfolge.
 

Buurtzorg Alternativen

Acht weitere Ambulante Pflegedienste arbeiten teilweise nach ähnlichen Prinzipien. Informationen hierüber finden Sie weiter unten im Abschnitt Buurtzorg Alternativen.

Karin van Aalst über ihre Arbeit bei Buurtzorg

„Wir freuen uns sehr, bei Buurtzorg zu arbeiten. Wir sind sehr zufrieden“

Das Buurtzorg OMAHA-System

Das Buurtzorg OMAHA-System
„Zum Vergrößern bitte anklicken“

Auch die Buurtzorg OMAHA  Infografik darf für Präsentationen und/oder ihre Webseiten kostenlos genutzt werden. Sie finden eine hochauflösende Fotovorlage und eine PDF-Version in der Pflege-Dschungel Infografik-Sammlung zum Download.

3. Ist Buurtzorg eine Bedrohung für PDLs, Pflegeberater/innen und andere Pflegemanager?

Die einen sagen so, die anderen sagen so. Wenn, dann aber eher sehr langfristig.

Anlässlich des PflegeHorizonte Kongresses wurde Gunnar Sander gefragt, ob ein großer Teil der Anwesenden zukünftig keinen Job mehr hätten.

Sinngemäß musste er anmerken, dass bei den Pflegediensten, die sich zukünftig strikt am Buurtzorg Modell orientieren, sämtliche Management-Ebenen in letzter Konsequenz wegfallen.
Die Allgemeinkosten (Overheads) sinken in einer Buurtzorg Organisation durch diese Einsparungen von durchschnittlich 25 % auf 8 %.

Buurtzorg hat aufgrund seiner hohen Mitarbeiterzahl über 10.000 in den fast 1.000 Teams und 4.000 durch die Übernahme eines Betreuungsdienstleisters vermutlich einen großen Marktanteil, Monopolist ist Buurtzorg aber sicherlich nicht.

Bei unseren Nachbarn sind rund 800.000 Menschen laut dem Bewertungsportal Zorgkaart pflegebedürftig. In Deutschland werden 76% der pflegebedürftigen Menschen ambulant versorgt und davon ca. 25 %  mit Unterstützung der Ambulanten Pflegedienste betreut. Bei der Annahme eines ähnlichen Verhältnisses wären dies in Holland ca. 152.000 Menschen.

Laut Buurtzorg Deutschland werden von den ca. 1.000 Teams jährlich mehr als 80.000 Klienten/Patienten betreut. Der relative Buurtzorg Marktanteil bei den Ambulanten Pflegediensten dürfte damit auf der Ebene der versorgten Klienten/Patienten nach eigenen Berechnungen um die 50 bis 55 % liegen. 

Allerdings wird sich auch bei vielen der anderen Ambulanten Pflegedienstleistern in den vergangenen 10 Jahren die Organisationsstrukturen verändert haben, um den Kostenvorteilen der schlanken Buurtzorg-Teams etwas entgegenzusetzen.

Die Komplexität des niederländischen Pflegemarktes (siehe Beispiel rechts) wird genauso wie in Deutschland auf Jahre hinaus noch viele Pflegeberatungs-Expertinnen und -Experten benötigen. Auch die Funktion der PDLs und Pflege-Manager wird sicherlich noch in vielen ambulanten und stationären Einrichtungen weiterhin benötigt.

Auf der anderen Seite werden wir in vielen Bereichen in den kommenden Jahrzehnten teilweise gravierende Umbrüche erleben (Stichworte 4.0, Demografischer Wandel etc.) und somit sollte man immer offen für neue Perspektiven und berufliche Veränderungen sein.  

Komplexität bleibt.

Niederländische Pflegemarkt

Pflege-Dschungel Holland: Zahlungsströme im niederländischen Pflegemarkt. Quelle: Der Pflegemarkt Niederlande

4. Passt Buurtzorg als Konzept zu meinem Pflegedienst?
Kann ich einen Buurtzorg-Pflegedienst neu eröffnen?

Ein brennendes Thema der Ambulanten Pflegedienste in Deutschland ist der Personalnotstand. Das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG gießt da eher noch Benzin zu, wie einige Branchenexperten meinen.

Von daher wundert es nicht, dass das Thema Buurtzorg derzeit bei den Betreibern von Ambulanten Pflegediensten viel Aufmerksamkeit erlangt. Waschkörbe, gefüllt mit Initiativ-Bewerbungen, hätte man auch gerne in Berlin, Hamburg, München und andernorts in unserer Republik.

Aber neben der akuten Personalnot interessieren sich viele Manager auch aufgrund einer längerfristigen Perspektive für das niederländische Modell.
Fast 30 % der Einwohner Deutschlands werden 2035 über 65 Jahre alt sein und einer deutlich geschrumpften Anzahl berufstätiger Personen  gegenüberstehen.

Buurtzorg verspricht das Potenzial zu haben, u.a. abgewanderte Pflegekräfte (Pflexit) wieder für ihren Beruf und ihre Berufung zu begeistern und bei unseren Nachbarn soll sich sogar das Renteneintrittsalter der Pflegefachkräfte eigen motiviert nach oben verschoben haben, sagt man 😉

Aber dort – wie vermutlich auch hier bei uns – wird das „junge und moderne Unternehmenskonzept“ bestimmt viele Menschen mit beruflichen Pflegeambitionen der Digital Natives und Generation Y ansprechen. Für diesen potentiellen Nachwuchs, und damit für uns als Gesellschaft insgesamt, eine optimistische Perspektive.

Mit seinem radikalen Ansatz

  • des Verzichtes auf jegliche Hierarchie-Ebene,
  • dem maximalen Abbau von bürokratischem Aufwand,
  • einer konsequenten Digitalisierung und
  • der konsequenten Ausrichtung aller auf den Zweck des Unternehmen

schaffte Jos de Blok die Overheads von durchschnittlich 25 % auf
8 % zu senken. Viel Spielraum für überdurchschnittliche Gehälter seiner Pflegefachkräfte in den ca. 1.000 Teams.

2017 lag der Umsatz bei 402.800.000 Euro (10% vs. Vorjahr) –  bei geschätzten ca. 9.000 Mitarbeiterinnen ein pro Kopf Umsatz von ca. 45.000 Euro pro Jahr.  

Neben der Entbürokratisierung und Digitalisierung hat auch die Vereinfachung der Abrechnung mit nur zwei Stundensätze gegenüber einer Liste von Leistungsklassen und Preisen die Administration schlank und effizient gemacht. 
Der Stundenlohn für normale Pflege liegt bei 59 Euro (ab 2019 soll er auf 69 Euro steigen), der für Palliativpflege bei 89 Euro, so wurde beim Kongress in Steinfurt am 25.10.2018 berichtet.    

Mit einer Mannschaft von ca. 50 Köpfen werden die Teams von vielen administrativen Aufgaben durch die Zentrale entlastet. Dabei werden die über 14.000 Mitarbeiter ohne jeglichen „Head of …“ betreut.

Die zur Zeit 21 Coaches haben nicht nur eine pflegerische sondern auch eine Coachingausbildung und unterstützen den Aufbau der Teams in der Gründungsphase. Im Regelbetrieb können sie bei Bedarf von den Teams zur Hilfe und Unterstützung gerufen werden.

Buurtzorg Team beim Ambulanten Pflegedienst SanderDer Emsdettener Pflegepionier Gunnar Sander hat vier Buurtzorg Teams gegründet und mit den Pflegeversicherungen in NRW die Rahmenbedingungen für ein Testmodell vereinbart.

Seit Ende 2017 läuft das Testprojekt und es wird durch eine wissenschaftliche Forschungsstudie begleitet.

Sander zeigte sich beim PflegeHorizonte Kongress in Varel sehr optimistisch, dass die Pilotprojekte fortgeführt werden.

 

Dr. Christian Berringer vom Bundesgesundheitsministerium sagte anlässlich des BUURTZORG-Kongress: „Pflege ist im Aufbruch“, „das Ministerium sei wach für interessante Neuansätze, Buurtzorg gehöre dazu. Es gehe nun darum, konkrete Erfahrungen zu sammeln. Die Überlegung, das Modell in einem bundesweiten Projekt wissenschaftlich zu evaluieren, sei ein richtiger Weg. Gerade bei diesem Projekt biete sich eine Vernetzung an. Ziel sei es, die Pflege besser in der Gesellschaft zu positionieren. „Das Bild der Pflege ist nicht schlecht, man darf als Pflegekraft selbstbewusst unterwegs sein.

Das Buurtzorg Konzept wird über „Buurtzorg Deutschland“ im Markt eingeführt.

Die genauen Rahmenbedingungen und Konditionen für die Vermarktung des Buurtzorg-Konzeptes in Deutschland, z.B. als Franchise-Modell, stehen noch nicht fest.

Buurtzorg Deutschland Geschäftsführer Johannes Technau Für dieses Ziel der breiten Markteinführung ist jedoch die gesellschaftsrechtliche Voraussetzung geschaffen worden und Jos de Blok/Buurtzorg und die Sander Pflege sind ein Venture hierfür eingegangen.

Bei Buurtzorg Deutschland ist Johannes Technau der Ansprechpartner für mögliche Kooperationen und Partnerschaften.

Der Geschäftsführer des Ventures organisiert gerade den ersten Buurtzorg Workshop, der am 4.12. in Münster stattfinden wird. Die vier Themen beschäftigen sich mit:

  • Wie alles begann
  • Coaching ist das neue Management
  • Teams sind menschengemacht
  • Finanzen und IT

Die Eingangsfragen,

  • Passt Buurtzorg als Konzept zu meinem Pflegedienst?
  • Kann ich einen Buurtzorg-Pflegedienst neu eröffnen?

bedürfen sicherlich sorgfältiger Überlegungen. Bei einer Entscheidung für Buurtzorg geht es ja nicht um eine kurzfristige Marketing-Maßnahme zur Verbesserung des Unternehmensimages.

Buurtzorg Deutschland muss wiederum sehr sensibel Partner sondieren, um nicht Gefahr zu laufen, dass das über die letzten 10 Jahre akkumulierte rationale und emotionale Markenkapital von Buurtzorg verwässert und Schaden nimmt.

Nur starke und glaubwürdig in das Konzept überzeugte Ambulante Pflegedienste sollten sich das schöne blaue Logo über die Eingangstür nageln dürfen. 

Auch Holland altert.

Quelle: Der Pflegemarkt Niederlandeund Statistisches Bundesamt

Entstehung der Buurtzorg Organisation

Der Buurtzorg Coach Wil Hollands erläutert die Gründung des Pflegedienstes (Deutsche Sprache).

Der Buurtzorg Gründer Jos de Blok. Auf dem contecforum erläuterte er während eines Pressegespräches, wie das Projekt auch in anderen Ländern umgesetzt werden könnte. (Englische Sprache) Video: Philip Schunke

Linktipps

Exkurs 1. Frédéric Laloux – Reinventing Organizations

Als Einstieg in das Thema Organisationsentwicklung ist das 2017 veröffentlichet Buch von Frédéric Laloux – Reinventing Organizations sehr zu empfehlen.
Es ist die illustrierte und leichter „zu verdauende“ Version seines 360 Seiten umfasendes Management Buch aus 2014 mit gleichem Titel.
Mit einem Klick auf das Buchcover kommen Sie direkt zu Amazon.

Frédéric Laloux über sein Buch Reinventing Organizations visuell
Frédéric Laloux beim Lernforum Großgruppenarbeit 2016 in Oberursel.
Interessanter Vortrag. Wer wenig Zeit hat und sich nur für seien Gedanken zu Buurtzorg interessiert, sollte bis Minute 14:50 vorspulen.

Exkurs 2. Purpose driven Company

Wer sich näher mit dem motivatorischen Potential gemeinnützig orientierter Unternehmen (gUG, gGmbH, Stiftungen beschäftigen möchte, dem sei das vor wenigen Monaten veröffentlichte Buch „Purpose Driven Organizations – Sinn Selbstorganisation – Agilität“ empfohlen.   
Mit einem Klick auf das Buchcover kommen Sie direkt zu Amazon.

Simon Sinek – „Start With Why“ ist eine vielbeachtete TED-Speech zum Thema Sinn und Zweck von Unternehmen.

„Gewinne als Mittel zum Zweck sehen“ – interessante Rede von Armin Steuernagel, Mitgründer von Purpose. Purpose unterstützt Unternehmen und Startups, für die Gewinn = Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck ist. 

5. Was sind Alternativen zu  Buurtzorg?

Buurtzorg Team beim Ambulanten Pflegedienst SanderSeit 2016 organisiert das Team um Uta Kirchner die Aktivitäten mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer, die „neue Wege in der ambulanten Pflege gehen oder gehen wollen“.

Mit ihrer Initiative und Webseite Pflege auf AUGENHÖHE wollen sie den gemeinsamen Geist einer anderen Pflege verbreiten.

Jährlich im Oktober (save the date 25.10.2019) findet in Berlin der AUGENHÖHEcamp #pflege statt. 

Uta Kirchner beschäftigte sich bereits 2016 mit Buurtzorg und den Ideen von Jos de Blok und sie und ihrer Mitstreiter versuchen ähnliche Konzepte mit ihren Ambulanten Pflegedienste zu verwirklichen.

Seine Erfahrungen bei der Umsetzung dieser Innovationen beschreibt z.B. Andreas Klein vom CareTeam in einem Zeitartikel vom Juli des Jahres.

Auszug: „Andreas Klein dachte schon daran, aufzugeben. „Ich wollte nicht mehr zuschauen, wie wir hier jeden Tag vor die Wand laufen, die Dienstpläne nicht mehr besetzen können und die Mitarbeiter krank werden“, sagt er. Der 54-Jährige leitet den Düsseldorfer Pflegedienst CareTeam mit rund 80 Angestellten. Das Problem nach über 20 Jahren Arbeit in der Pflege: Gutes Personal zu finden und zu halten, wird immer schwieriger. Kündigte eine Mitarbeiterin, fand er lange kaum Ersatz. „Es war so frustrierend, wenn sich auf die x-te Stellenanzeige kein einziger beworben hat“, sagt er.Hier können sie den gesamten Artikel lesen.

  

Die ersten acht Partner auf „AUGENHÖHE“

Die aktuelle Liste ist hier abrufbar:
http://www.pflege-auf-augenhoehe.de/standorte/
  1. Care4Me.
    Ein ambulanter Dienst für selbstbestimmte Menschen.
    Geschäftsführerin: Uta Kirchner
    Wir freuen uns auf Ihre Anfrage und/oder auf Ihre Bewerbung…
    www.care4me.berlin
    10559 Berlin, Lübecker Straße 8
  2. Evangelische Altenhilfe Sankt Georgen gGmbH
    Geschäftsführer: Markus Schrieder
    Wir freuen uns auf Ihre Anfrage und/oder auf Ihre Bewerbung…
    www.lh-sst.de
    78112 St. Georgen, August-Springer-Weg 20
  3. Menschen zu Hause GmbH
    NL Eltville Ambulanter Krankenpflege-Service
    Geschäftsführerin: Uta Behrens
    Wir freuen uns auf Ihre Anfrage und/oder auf Ihre Bewerbung…
    www.menschen-zu-hause.de
    65343 Eltville am Rhein, Gutenbergstr. 32
  4. Ich und Du Pflege GmbH
    Wir schaffen einen Raum für ambulante Pflege in Selbstorganisation. Inspiriert von Buurtzorg aus Holland.
    Ansprechen: Maja Modley & Jörn Schinzler
    www.ich-und-du-pflege.de
    79098 Freiburg, Raustraße 6
  5. Melissa
    Der ambulante Dienst im Haus Aja Textor-Goethe, einem selbstverwalteten Pflege-, Sozial- und Kulturzentrum.
    Geschäftsführung: Uwe Scharf
    Auch wir freuen uns über Anfragen und/oder Bewerbungen!
    www.haus-aja.de/melissa
    60433 Frankfurt am Main, Hügelstr. 69
  6. CareTeam GmbH – Ambulante Pflegedienste –
    Geschäftsführung: Andreas Klein und Stephan Gaßner
    Auch wir freuen uns über Anfragen und/oder Bewerbungen!
    www.die-pflegeblogger.de
    40593 Düsseldorf, Kammerrathsfeldstraße 20
  7. lebenswert-Wangen
    Ein ambulanter Dienst im Aufbau.
    Kontakt: Bertold Brommer
    Wir freuen uns über Anfragen und/oder Bewerbungen!
    www.lebenswert-wangen.de
    88239 Wangen, Franz-Joseph-Spiegler-Str. 1
  8. Lebensdank Pflegemanagement GmbH
    Wir wünschen uns regionale Vernetzung und freuen uns auf Anfragen und/oder Bewerbungen.
    Kontakt: Lissy Nitsche-Neumann
    www.lebensdank.de
    01219 Dresden, Kurt-Frölich-Str. 9